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Aus: Ausgabe vom 14.03.2013, Seite 3 / Schwerpunkt

DGB: Grün-rot muß handeln

Zu den Tätigkeiten des baden-württembergischen Landesamtes für Verfassungsschutz rund um den 1. Mai erklärt der DGB-Kreisverband Tübingen auf junge Welt-Nachfrage:

Es ist ein Skandal, daß ein langjähriger Gewerkschaftskollege »extremistisch aufgefallen« und überwachungswürdig sein soll, weil er an der Tübinger DGB-Kundgebung zum 1. Mai 2010 teilgenommen hat. Für eine Einheitsgewerkschaft und für die Demokratie in Baden-Württemberg ist es essentiell, daß Gewerkschaftsmitglieder und alle Mitbürger mit Interesse an gewerkschaftlicher Politik – egal welcher Partei oder Gruppenzugehörigkeit – ihre Versammlungs- und Redefreiheit uneingeschränkt nutzen können, ohne daß sie sich deshalb der Gefahr einer Überwachung durch staatliche Behörden aussetzen. Wer gewerkschaftliches Interesse und Engagement überwacht, gefährdet die Demokratie und verstößt gegen verfassungsmäßig garantierte Grundrechte!

Gleichzeitig belegen täglich neue Skandale die undurchsichtige Verstrickung des sogenannten Verfassungsschutzes mit der Neonaziszene. Demokratische Transparenz zu schaffen erscheint als nur eingeschränkt möglich, denn Akten werden geschreddert und parlamentarische Kontrollgremien durch Verfassungsschutzmitarbeiter hintergangen und hingehalten. Nach den Angaben der Amadeu-Antonio-Stiftung sind fast 200 Menschen seit der Wiedervereinigung Opfer rechtsextremer Gewalt geworden. Der »Verfassungsschutz« konnte nichts zu ihrem Schutz beitragen.


Für uns erscheint die gleichzeitige Überwachung der Tübinger Maifeier als eine gezielte Verunglimpfung und Einschüchterung von gewerkschaftspolitischem Engagement. Schwer kontrollierbare Inlandsgeheimdienste mit außergesetzlichen Kompetenzen zur Überprüfung der politischen Gesinnung sind und bleiben ein Fremdkörper in der Demokratie. Das Geld für den sogenannten Verfassungsschutz wäre in der Bildung viel besser aufgehoben. Universitäten und zivilgesellschaftliche Einrichtungen wie Archive, Journalismus oder antifaschistische Projekte und Gruppen fördern bessere Erkenntnisse zur rechtsextremen Szene zutage als der Verfassungsschutz und sind kompatibel mit einer pluralen demokratischen Gesellschaft.

Spätestens unter einer »grün-roten« Landesregierung muß die Überwachungspraxis des baden-württembergischen »Verfassungsschutzes« dringend gestoppt werden. Wir werden Politiker fragen, was sie dafür ganz konkret tun werden. Wir lassen nicht zu, daß unsere Maikundgebungen und andere Veranstaltungen der Einheitsgewerkschaft in irgendeine Ecke gestellt werden, und mit fragwürdiger, nutzloser »Erkenntnisgewinnung« ein Klima der Einschüchterung verbreitet wird.

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