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Aus: Ausgabe vom 03.01.2009, Seite 16 / Aktion

Gutes Neues

Neujahrsempfang der Linken: Rosa-Luxemburg-Konferenz bietet praktische und theoretische Erfahrungen aus vier Kontinenten an
Protest gegen Israels Krieg im Gazastreifen, Paris am 30. Dezemb
Protest gegen Israels Krieg im Gazastreifen, Paris am 30. Dezember 2008
Wenn sich am kommenden Samstag wieder über 2000 Linke zum Jahresauftakt in der Berliner Urania treffen, gibt es neben der Podiumsdiskussion auch viele kulturelle und kulinarische Genüsse. Im Mittelpunkt stehen in diesem Jahr ein Konzert zum 50. Jahrestag der kubanischen Revolution und zur Erinnerung an die Ermordung von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht. Und wie jedes Jahr die Beiträge von internationalen Gästen.

Die Vortragsreihe der XIV. Rosa-Luxemburg-Konferenz steht unter dem Motto »Internationalismus und Gegenmacht heute«. Sie wird um 11.00 Uhr von Klaus Gietinger eröffnet, der als Regisseur von Tatort-Krimis und anderen erfolgreichen Filmprojekten sowie als Buchautor bekannt ist. Gietinger hat die Forschungsarbeiten der verstorbenen jW-Genossenschafterin Doris Kachulle über einen der Hintermänner des Mordes an Rosa Luxemburg mit eigenen Recherchen ergänzt. Daraus entstand sein Buch »Der Konterrevolutionär. Waldemar Pabst – eine deutsche Karriere«, das im Januar bei Edition Nautilus erscheint. Der Offizier Pabst gehörte nun wahrlich nicht zu den Sozialdemokraten, aber er handelte in Absprache mit deren Führungspersonal. Gietinger nennt seinen Beitrag für die Konferenz denn auch »Eine Lizenz zum Morden – Das Duo Waldemar Pabst und Gustav Noske«. Ein Beispiel dafür, daß die Klassenkämpfer auf der anderen Seite der Barrikade gemeinsame Sache machen, wenn es darauf ankommt. Erfolgreiche Gegenmacht kann deshalb auf dieser Seite nur durch solidarische Zusammenarbeit entstehen – über alle Unterschiede, Widersprüche und Grenzen hinweg.

Auch beim zweiten Vortrag wird das deutlich. Der Soziologe Prof. Dr. Imad Samaha (Lebanon University, Mitglied der KP Libanon) wird über die aktuelle Entwicklung im Nahen Osten sprechen. Daß er dabei den Schwerpunkt auf einen aktuellen mörderischen Krieg legen muß, konnten wir beim Planen der Konferenz nicht wissen. Wie ist das Verhältnis der Kommunisten zu den islamistischen Gruppen, wie kann Gegenmacht entwickelt werden und welche Rolle wird die Entwicklung von internationaler Solidarität für den Fortgang der Dinge spielen?

Der nächste Referent kommt aus Italien. Der Philosoph Domenico Lo­surdo wird über Grenzen der Zusammenarbeit sprechen: Welche Kräfte stehen tatsächlich für Veränderung? Und welche bieten lediglich an, die bestehenden Verhältnisse zu kaschieren und damit zu verlängern? Nicht nur unter Italiens Kommunisten sind heftige Strategiedebatten entbrannt. Sozialpartnerschaftliche Illusionen sind unter den Bedingungen einer aggressiven imperialistischen Machtstrategie des Kapitals, die auf nichts und niemand mehr Rücksicht nehmen will, immer schwerer zu vermitteln. Im Gegenzug gibt es eine Rückbesinnung auf Ideen von Karl Marx und W.I. Lenin – bis ins bürgerliche Lager hinein. Welche Auswirkungen hat das für die organisierte Arbeiterbewegung in Italien und in Europa?

Die Entwicklungen in den USA widersprechen scheinbar dieser Erkenntnis: Da hat es ein Mann zu Präsidentenwürden gebracht, in dem sogar eingefleischte Linksradikale einen Hoffnungsträger sehen. Welche Möglichkeiten für Veränderungen hat Obama? Verändern sich die Kampfbedingungen der US-amerikanischen Linken? Ist ein neuer Auftrieb außerparlamentarischer Aktivitäten zu erwarten oder werden diese nun überflüssig? Unter anderem darüber wird als nächstes Sara Flounders vom Internacional Action Center der USA zu den Gästen der Konferenz sprechen.

Der vierte Vortrag wird den Regierungswechsel in den USA eher am Rande erwähnen. Georgina Alfonso Gonzáles, stellvertretende Leiterin des kubanischen Philosophie-Instituts, weiß, daß es vor allem die Präsidenten der Demokratischen Partei waren, die die schärfsten Sanktionen gegen Kuba durchsetzten. So wird sie sich in ihrem Beitrag vor allem darauf konzentrieren, wie nach 50 Jahren die wichtigsten Errungenschaften der Revolution auch unter neuen Bedingungen aufrechterhalten werden können. Kuba ist eines der wenigen langlebigen praktischen Beispiele dafür, daß Gegenmacht möglich – und internationale Solidarität eine der Existenzbedingungen dafür ist.

Die europäische Linke bezieht sich viel zu sehr auf sich bzw. auf europäische Verhältnisse. Daß aber für die meisten Menschen nicht die USA oder Europa das Maß aller Dinge stellen, daran erinnert Ahmat Dansokho, Generalsekretär der Partei der Unabhängigkeit und Arbeit Senegals (PIT). Dansokho haben wir eingeladen, um über die Erfahrungen des Kampfes der Arbeiterklasse in Afrika zu berichten und über seine Kontakte zu Che, mit dem er gemeinsam im afrikanischen Dschungel gekämpft hat. Seine Genossinnen und Genossen sind aktuell von einer Verhaftungswelle betroffen, es gibt Fälle von Folter. Internationale Solidarität ist auf der Konferenz nicht nur eine theoretische Frage der Strategie und Taktik, sondern eine ganz praktische.

Das belegt auch der Beitrag von Mumia Abu-Jamal, den der Journalist und politische Gefangene nur wenige Tage vor der Konferenz persönlich über Telefon auf Band spricht. Die Konferenzteilnehmer werden am kommenden Samstag Mumia im Originalton aus der Todeszelle sprechen hören. Zwischen den Hauptbeiträgen wird es auch auf der kommenden Konferenz eine Reihe von Grußadressen und Kurzbeiträgen geben.

Wie in jedem Jahr läuft der Vorverkauf auf Hochtouren. Karten können Sie noch bis Montag beim Aktionsbüro bestellen. Wenn Ihre Bestellung bis Montag eingeht, schicken wir Ihnen die Karten zu. Ab Dienstag werden Karten nur noch reserviert, die Sie dann bitte am Samstag bis 10.30 Uhr an der Tageskasse abholen. Bitte beachten Sie, daß reservierte Karten danach in den normalen Kartenverkauf gehen. Rechtzeitiges Erscheinen sichert Ihnen einen guten Platz im großen Saal der Urania. Falls der aber nicht ausreicht, übertragen wir die Veranstaltung in einen zweiten Saal. Karten können darüber hinaus bis Freitag in der jW-Ladengalerie (Torstraße 6, 10119 Berlin, Nähe Alexanderplatz) von 10 bis 18 Uhr oder im Laden der Antifa red stuff (Waldemarstraße 110, 10997 Berlin) von 14 bis 19 Uhr erworben werden.
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