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Leserbrief zum Artikel Coronakrise: Sputnik-Schock in EU vom 09.04.2021:

Viel zu schlucken

Herr Michael Watzke vom Regierungssender Deutschlandfunk haspelte in seinem Abendkommentar am 8. April all das ab, was zur Propaganda im Kalten Krieg gehört. Dieser russische Stoff sei wirkungslos, kaum erprobt und vor allem eine Waffe im Arsenal Putins und wer darauf reinfällt mache sich zu dessen Komplizen usw. usf. Was der Herr Kommentator nicht wissen kann, weil es in seiner eindeutigen Ausbildung in einschlägigen Instituten nicht vorkommt, ist, dass er auf eine etwa 60jährige Rezeptur zurückgreift, die damals von den (von der Wahrheit) freien Rundfunkanstalten des absolut freien Westens angerührt worden war: Mitte der 60 Jahre herrschte eine Polio-Welle (Kinderlähmung). Ich erinnere mich der Gespräche, die »Westbesuch« aus Kiel mit meinen Eltern führte. Die Frau (ihr Mann war wohl ein Positionsinhaber in der SPD und durfte die »Zone« nicht besuchen) war mit ihrer etwa 14jährigen Tochter angereist. Diese hatte ein Stahlskelett im Rückgrat, nachdem sie eine Polio-Erkrankung im Unterschied zu vielen anderen Jugendlichen glimpflich überstanden hatte. Meine Eltern erzählten davon, dass es bei uns in den Schulen eine natürlich kostenlose Impfung gegen diese Krankheit gab. Die Schüler mussten (!) zwei- oder dreimal einen Esslöffel mitbringen, auf den wurden einige Tropfen gegeben; Schluck und gut. Es war ein sowjetischer Impfstoff. Die Kieler Mutter war entsetzt, wie meine Eltern mir so etwas antun konnten. Dieser »russische« Stoff, von dem sie auch gehört hatten (in den damaligen Sendeanstalten, in denen die Vorgänger Watzkes das freie Wort schwangen), war ja überaus schädlich, nicht geprüft und diente nur Chruschtschow als Mittel, seine »Satellitenstaaten« noch enger an sich zu binden und der Welt die Überlegenheit … Na ja. Aber wir konnten uns ja nicht wehren, es war Pflicht, nicht an Polio zu erkranken, und das weitere Leben von dieser Geißel befreit zu sein. Die gegenwärtige Hetze gegen »Sputnik V« erinnert mich an diese Zeit. Und weil sie meist vergessen ist, können die Apologeten die alte Brühe wieder aufwärmen. Wir hatten im DDR-Gesundheitswesen manches zu schlucken. Watzke und Co. haben es noch heute.
Wolfgang Kroschel, Cottbus
Veröffentlicht in der jungen Welt am 10.04.2021.
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