Leserbrief zum Artikel Geschichte USA: Opfer der Paranoia
vom 03.04.2021:
Liebe und Bewunderung
Robert Meeropol schrieb ein bewegendes Buch über seine Eltern Ethel und Julius Rosenberg, »Als die Regierung entschied, meine Eltern umzubringen«. Für mich ein Roman der Liebe und Bewunderung für seine ermordeten Eltern. Aber auch tiefe Dankbarkeit für seine neuen Adoptiveltern, die aus herzlichster Solidarität Ende 1953 das gerichtliche Sorgerecht für den sechsjährigen Robert und den zehnjährigen Michael Rosenberg bekamen. Die neuen Eltern mussten aber das bittere Opfer des Austritts aus der Kommunistischen Partei der USA akzeptieren. Um ihr eigenes Leben zu retten, hätte es Ethel nur einer Geste bedurft, eine Erklärung abzugeben. Ethel Rosenberg sollte einfach nur die Namen der Mitglieder der Kommunistischen Partei nennen, mit denen sie und ihr Mann Julius in persönlichem Kontakt standen. Das zynische Spiel von Drohung und Erpressung bis zur endgültigen Beseitigung der KP wäre aber weitergegangen. Ethel und Julius hätten vielleicht überlebt, wenn sie sich der Macht und dem Willen des imperialistischen Staates gebeugt hätten. Aber beide weigerten sich standhaft und mit einem Widerstand, der zu einem leuchtenden Beispiel von Mut und Zivilcourage wurde. Die Rosenbergs gingen eher in den Tod, als zu Verrätern der eigenen Genossen und Freunde zu werden. Der Prozess war eine einzige Farce, konstruiert von der CIA und dem FBI. Er mobilisierte aber die Öffentlichkeit, die man mit der Bewegung in den 20er Jahren zur Verteidigung Saccos und Vanzettis vergleichen kann. Dank des Solidaritätsnetzes der Mitglieder der KP der USA entkamen Robert und sein Bruder dem Waisenhaus und fanden bei tollen Adoptiveltern persönliche Wärme und politische Unterstützung. Bis zum heutigen Tag trägt Robert einen Hass in sich gegen die Mörder seiner Eltern.
Veröffentlicht in der jungen Welt am 07.04.2021.