Leserbrief zum Artikel Geschichte: Herr und Hinzugekommene
vom 26.02.2021:
Glücksritter
Der spektakuläre Juwelendiebstahl im Grünen Gewölbe (25. November 2019) ging schadlos an dem aus Homberg (Duisburg) stammenden Kunsthistoriker Dirk Syndram (Jahrgang 1955) vorüber; er blieb im Amt. Wie nachgewiesen wurde, war es das Verschulden seiner Geldgeber, denen das supersichere Panzerglas zu teuer war. Nun geht Syndram gegen Ende Mai in den Ruhestand (außerhalb des Dresdner Schlosses), und man hat seine Stelle öffentlich ausgeschrieben, dicis causa freilich, denn hinter den Kulissen steht schon fest, wer sein Nachfolger wird. Syndram gehörte zu den Glücksrittern aus dem Westen, die in den Jahren nach dem Zusammenbruch der DDR mit deren Pralinen beschenkt wurden – das sind die hochdotierten Posten, die sie im Westen nicht abbekommen hätten –, während ostdeutsche Fachleute massiv abgedrängt, oft regelrecht herausgeworfen und auch in den Folgejahrzehnten aufgrund der Machtverhältnisse beruflich das Nachsehen hatten. Selbstverständlich wird auch diesmal kein Mensch mit Ostbiographie das Grüne Gewölbe leiten dürfen – in Dresden ginge so etwas sowieso nicht. Syndrams Hamburger Doktorarbeit (1985) handelt übrigens von Ägypten (»Ägypten – Faszinationen. Untersuchungen zum Ägyptenbild im europäischen Klassizismus bis 1800«). Dieses Thema befähigte ihn 1993 ungemein für die Juwelen des Grünen Gewölbes … Sein Ritterkreuz hat er freilich nicht von der erfolglosen Sonderkommission »Epaulette«.
Veröffentlicht in der jungen Welt am 26.02.2021.