Leserbrief zum Artikel Parteidiskussion Die Linke: Klarheit statt Vernebelung
vom 19.02.2021:
Gegen Burgfrieden
Man glaubt es nicht. Janine Wissler und Susanne Henning-Wellsow sollen die Linkspartei in die Bundestagswahl 2021 führen, aber weder haben sie auch nur erkennbar mitgewirkt an dem Entwurf des Wahlprogramms der beiden bisherigen Parteivorsitzenden noch hört oder liest man nachträglich etwas über ihre Positionierung zu dem – nennen wir es jetzt mal so – Kipping-Riexinger-Papier (KRP). Es ist wohl extrem schlechter Stil, der neuen Parteispitze auf diese Weise »die Linie vorzugeben«. Und nach dem jW-Artikel von Bernd Riexinger zu urteilen, steht er der Haltung der Autoren, darunter bisher leider nur drei Bundestagsabgeordnete, inhaltlich deutlich näher als seinem »eigenen« Papier, verteidigt es aber zugleich bis weit über die Fairnessgrenze hinweg. Das sieht sehr nach einer zerrissenen Persönlichkeit aus. Somit geht es offenbar vor allem um a) Katja Kipping, die ihn wohl dominiert und als »Linksverteidiger« braucht und einsetzt, b) die haupt- und nebenamtlichen Strategen und »Grundsatzfragenleute« des Karl-Liebknecht-Hauses an ihrer Seite. Es wäre in dieser Lage wohl richtiger, ganz offiziell entweder mit einem eigenen oder aber mit dem Wahlprogramm von 2017 – praktisch wäre das beides wohl fast identisch – den Kampf (unter dem ist es eben nun mal nicht zu machen!) um die richtige Linie zu führen. Es reicht nicht, dass acht Linke in dieser Zeitung »Dixi et salvavi animam meam« sagen (Ich habe gesprochen und meine Seele gerettet) und dann wieder Burgfrieden mit den »Kippingisten« halten! (Bis zum nächsten »2002«?) Ich lese nichts von der Forderung, diesen Entwurf zurückzuziehen oder wenigstens als KRP zu kennzeichnen!
Ich lese auch nichts von der klaren Forderung »USA und NATO raus aus Deutschland – Deutschland raus aus der NATO!« Der Gysische Trick, mit der »Forderung nach der NATO-Umwandlung in eine Russland einschließende Friedens- und Sicherheitsorganisation« diese Lebensfrage faktisch auf den Sanktnimmerleinstag zu verschieben, ist ja weiterhin Programmbestandteil der Linkspartei! (Warum sollen übrigens nur Österreich und die Schweiz neutral sein »dürfen«, Deutschland aber nicht? Es hat etwa den schweizerischen und österreichischen Banken und Konzernen jedenfalls nicht nachweislich geschadet! Und viele Sozialleistungen sind dort besser bzw. höher als hierzulande! Auch weil in den anderen »3sat-Ländern« weniger gerüstet und für Auslandsmilitäreinsätze ausgegeben wird!)
In der Ablehnung der Ideen Matthias Höhns von einer »Republik Europa« mit – natürlich primär deutsch geführter – »Europaarmee« scheint (!) Einigkeit zu bestehen. Debattierbar scheint mir aber Höhns Vorschlag, die Militärausgaben an die Höhe der Entwicklungszusammenarbeit zu knüpfen (oder auch des deutschen Beitrags zur globalen Katastrophenhilfe) – und so in einem ersten Schritt mindestens zu halbieren. Wozu, wenn nicht für die globalen Kriege der NATO, braucht Deutschland, rings nur von Freunden umgeben, mit einem gegenüber der Weimarer Republik um ein Drittel kleineren Territorium eine nach Militärangehörigen um die Hälfte größere Armee?). Völlig klar, dass weder Deutschland noch EU-Europa »weniger aufrüsten«, sondern abrüsten müssen!
Sehr notwendig war, die beschwichtigenden Stellungnahmen zum Kuba-Beschluss genausowenig zu akzeptieren wie das Weglassen der Haltung zu Kuba im KRP. Alles nur als eine Frage der Interpretation bzw. der Vermittlung darzustellen ist nicht hinnehmbar! Die Worte »Aktivistinnen und Aktivisten« stehen nun einmal im Punkt 5 des Beschlusses vom 23. Januar, und dass sich das nicht auf Verfechter einer Vervollkommnung des kubanischen Systems des Sozialismus bezieht, ist auch bekannt. Dass diese Kräfte in Kuba nicht nur logistisch-technischen Beistand, sondern auch finanzielle Mittel von der US-Vertretung in Havanna erhalten, bestreiten sie selbst gar nicht. Da will die Linkspartei mittun?
Fonds zur Unterstützung von Demokraten und Menschenrechtlern gibt es im übrigen für die Anhänger von Freedom and Democracy genug bei anderen Parteien, für klassenkämpferische Linke wie die HDP in der Türkei viel zuwenig, aber angesichts der Unterstützungspraxis der Rosa-Luxemburg-Stiftung kann man da nur warnen – diese Passage sollte komplett verschwinden. So werden auch oft »politische Paradiesvögel« angelockt, die aber inzwischen in vielen Ländern als »ausländische Agenten« registriert werden. Das ist nichts für ein Wahlprogramm.
Last not least:
Eine Gegenüberstellung (Synopse) der beiden hier vielzitierten Wahlprogramme der Linkspartei von 2017 und nun 2021 (d. h. des KRP) mit dem der DKP wäre fruchtbar, denke ich.
Ich lese auch nichts von der klaren Forderung »USA und NATO raus aus Deutschland – Deutschland raus aus der NATO!« Der Gysische Trick, mit der »Forderung nach der NATO-Umwandlung in eine Russland einschließende Friedens- und Sicherheitsorganisation« diese Lebensfrage faktisch auf den Sanktnimmerleinstag zu verschieben, ist ja weiterhin Programmbestandteil der Linkspartei! (Warum sollen übrigens nur Österreich und die Schweiz neutral sein »dürfen«, Deutschland aber nicht? Es hat etwa den schweizerischen und österreichischen Banken und Konzernen jedenfalls nicht nachweislich geschadet! Und viele Sozialleistungen sind dort besser bzw. höher als hierzulande! Auch weil in den anderen »3sat-Ländern« weniger gerüstet und für Auslandsmilitäreinsätze ausgegeben wird!)
In der Ablehnung der Ideen Matthias Höhns von einer »Republik Europa« mit – natürlich primär deutsch geführter – »Europaarmee« scheint (!) Einigkeit zu bestehen. Debattierbar scheint mir aber Höhns Vorschlag, die Militärausgaben an die Höhe der Entwicklungszusammenarbeit zu knüpfen (oder auch des deutschen Beitrags zur globalen Katastrophenhilfe) – und so in einem ersten Schritt mindestens zu halbieren. Wozu, wenn nicht für die globalen Kriege der NATO, braucht Deutschland, rings nur von Freunden umgeben, mit einem gegenüber der Weimarer Republik um ein Drittel kleineren Territorium eine nach Militärangehörigen um die Hälfte größere Armee?). Völlig klar, dass weder Deutschland noch EU-Europa »weniger aufrüsten«, sondern abrüsten müssen!
Sehr notwendig war, die beschwichtigenden Stellungnahmen zum Kuba-Beschluss genausowenig zu akzeptieren wie das Weglassen der Haltung zu Kuba im KRP. Alles nur als eine Frage der Interpretation bzw. der Vermittlung darzustellen ist nicht hinnehmbar! Die Worte »Aktivistinnen und Aktivisten« stehen nun einmal im Punkt 5 des Beschlusses vom 23. Januar, und dass sich das nicht auf Verfechter einer Vervollkommnung des kubanischen Systems des Sozialismus bezieht, ist auch bekannt. Dass diese Kräfte in Kuba nicht nur logistisch-technischen Beistand, sondern auch finanzielle Mittel von der US-Vertretung in Havanna erhalten, bestreiten sie selbst gar nicht. Da will die Linkspartei mittun?
Fonds zur Unterstützung von Demokraten und Menschenrechtlern gibt es im übrigen für die Anhänger von Freedom and Democracy genug bei anderen Parteien, für klassenkämpferische Linke wie die HDP in der Türkei viel zuwenig, aber angesichts der Unterstützungspraxis der Rosa-Luxemburg-Stiftung kann man da nur warnen – diese Passage sollte komplett verschwinden. So werden auch oft »politische Paradiesvögel« angelockt, die aber inzwischen in vielen Ländern als »ausländische Agenten« registriert werden. Das ist nichts für ein Wahlprogramm.
Last not least:
Eine Gegenüberstellung (Synopse) der beiden hier vielzitierten Wahlprogramme der Linkspartei von 2017 und nun 2021 (d. h. des KRP) mit dem der DKP wäre fruchtbar, denke ich.
Veröffentlicht in der jungen Welt am 20.02.2021.