Leserbrief zum Artikel Parteidiskussion Die Linke: Klarheit statt Vernebelung
vom 19.02.2021:
Mehr roter Pfeffer
Mit dem von Riexinger und Kipping vorgelegten Entwurf gelang es, eine gewollte, breite Diskussion zum Wahlprogramm zu entfachen. Entsprechende Artikel und Leserzuschriften im ND und der jW sowie im Internet zeigen das große Interesse am Entwurf des Wahlprogramms. Beim Studium der beinahe 140 Seiten des Wahlprogramms habe ich an keiner Stelle das Ziel der Partei gelesen, den demokratischen Sozialismus. Auch habe ich keine klaren, kurzgefassten Aussagen gefunden, auf welchem Weg und mit welchen Hauptetappen dieses langfristige Ziel erreicht werden soll. Der Entwurf des Wahlprogramms sollte sich doch als ein erkennbarer Schritt auf dem Weg zum Ziel verstehen. Bedenklich erscheint mir auch das Fehlen von jeglichen Aussagen zum Eigentum an Produktionsmitteln. Dafür gibt es reichlich Auskünfte über die mannigfaltigen negativen Auswirkungen genau jenes Privateigentums in der Gesellschaft. Aber warum wird das Übel nicht klar beim Namen genannt und die schrittweise die Abschaffung des Eigentums an Produktionsmitteln als Ziel an zentraler Stelle im Programmentwurf hervorgehoben? Die Eigentumsfrage ist eine der zentralen Fragen in jeder linken Partei. Zu dieser Frage muss im Wahlprogramm Stellung bezogen werden.
Bernd Riexinger formuliert in seinem Beitrag zum Wahlprogrammentwurf (jW 15.2.2021, S. 3): »Kern des Entwurfes ist das Ziel eines sozialökologischen und friedenspolitischen ›Systemwechsels‹. Leider schreibt Riexinger nicht, was er unter einem friedenspolitischen Systemwechsel versteht. Welches System soll zu welchem System friedenspolitisch wechseln? Im Programmentwurf kann man dazu lesen (S. 52), dass hier ein Linker »New Green Deal« gemeint ist. Konkret lautet dieses linke Kampfziel im Programmentwurf: »Wir wollen mit Investitionen Einstiege schaffen in ein neues sozial gerechtes, klimagerechtes und geschlechtergerechtes Wohlstandsmodell mit einer gerechten Verteilung von Arbeit und Reichtum.« Was aber ist genau »ein neues sozial gerechtes, klimagerechtes und geschlechtergerechtes Wohlstandsmodell«? Diese zeitlos richtige, allgemeingültige, unkonkrete und zeitlich nicht fassbare Zielstellung würde sicher auch in die Wahlprogramme von CDU/CSU, SPD oder den Grünen gut passen. Auch würden diese und andere Aussagen im Programmentwurf keine Hürde bei möglichen Koalitionsverhandlungen darstellen, sie müssten nicht mehr »weichgespült« werden.
Im Zusammenhang mit den Diskussionsbeiträgen in der Presse zum Programmentwurf nehmen die Wortmeldungen zum Programmentwurfteil »Für Frieden und Abrüstung. Waffenexporte verbieten« (S. 103) mit den Hauptaspekten Bundeswehr-Einsätze und Rüstungsausgaben einen beachtlichen Teil ein. In diesem Zusammenhang ist den Ausführungen von Ellen Brombacher »Kraftlos abstrakte Wiederholung« (jW vom 18.2.2021) voll zuzustimmen, wenn sie für den Programmentwurf eine glasklare Sprache und eindeutige Begriffe verlangt. Auch erscheint mir die Programmformulierung auf S. 103 »Mehr Investitionen in Militarisierung und Aufrüstung lehnen wir ab« als viel zu zaghaft. Mein Formulierungsvorschlag: Die Produktion von Rüstungsgütern aller Art ist in Deutschland einzustellen. Der Export von Rüstungsgütern in alle Länder ist sofort wirkungsvoll zu unterbinden. Die Auflö-sung der Bundeswehr ist in Teilschritten bis .... vorzunehmen. Rüstungsausgaben sind jährlich um....% zu senken. Deutschland muss die Nato verlassen und bündnisneutral werden. Die genannten Maßnahmen sind terminlich zu untersetzen und jährlich vor dem Bundestag abzurechnen. Bekanntlich wird Deutschland von niemand bedroht und Rüstung kostet den deutschen Steuerzahler jährlich Mrd.€ . Für ausgewählte Wirtschaftsgüter (z. Bsp. elektr. Bauteile), welche auch für militärische Belange genutzt werden könnten, sollen mögliche Empfängerländer vorher eine eindeutige, nicht militärische Verwendungsbestätigung vorlegen.
Insgesamt erscheint mir der Programmentwurf zu umfangreich und nicht klar und eindeutig genug formuliert für eine linke Partei. Wer soll nach getaner Arbeit 140 Seiten studieren? Auch halte ich es nicht für richtig, alle denkbaren interessanten Gegenwartsthemen und Zukunftsaspekte vollständig und lückenlos in ein Wahlprogramm zu schreiben. Angebracht wäre eine durchdachte, insgesamt kürzere politische Schwerpunktbildung im Programmentwurf. Die Begriffe Kapitalismus und demokratischer Sozialismus sollten in das Wahlprogramm an hervorgehobener Stelle einbezogen werden. Es geht letztlich nicht darum, möglichst keinen Bürger mit linken Formulierungen zu erschrecken oder jedem Bürger etwas anzubieten. Hier geht es um klar zu benennende linke Positionen. Es geht es um einen unverwechselbaren Programmentwurf der Partei Die Linke! Der Programmentwurf sollte ein Kampfprogrammentwurf sein und keine verdeckte Anbiederung an andere eventuell mögliche Koalitionspartner zur Bundestagswahl 2021.
Für eine eventuell angedachte Überarbeitung wünschte ich mir entschieden mehr Biss und eine erkennbare, glasklare, politische Linie. Insgesamt muss an den Programmentwurf noch mehr roter Pfeffer ran.
Bernd Riexinger formuliert in seinem Beitrag zum Wahlprogrammentwurf (jW 15.2.2021, S. 3): »Kern des Entwurfes ist das Ziel eines sozialökologischen und friedenspolitischen ›Systemwechsels‹. Leider schreibt Riexinger nicht, was er unter einem friedenspolitischen Systemwechsel versteht. Welches System soll zu welchem System friedenspolitisch wechseln? Im Programmentwurf kann man dazu lesen (S. 52), dass hier ein Linker »New Green Deal« gemeint ist. Konkret lautet dieses linke Kampfziel im Programmentwurf: »Wir wollen mit Investitionen Einstiege schaffen in ein neues sozial gerechtes, klimagerechtes und geschlechtergerechtes Wohlstandsmodell mit einer gerechten Verteilung von Arbeit und Reichtum.« Was aber ist genau »ein neues sozial gerechtes, klimagerechtes und geschlechtergerechtes Wohlstandsmodell«? Diese zeitlos richtige, allgemeingültige, unkonkrete und zeitlich nicht fassbare Zielstellung würde sicher auch in die Wahlprogramme von CDU/CSU, SPD oder den Grünen gut passen. Auch würden diese und andere Aussagen im Programmentwurf keine Hürde bei möglichen Koalitionsverhandlungen darstellen, sie müssten nicht mehr »weichgespült« werden.
Im Zusammenhang mit den Diskussionsbeiträgen in der Presse zum Programmentwurf nehmen die Wortmeldungen zum Programmentwurfteil »Für Frieden und Abrüstung. Waffenexporte verbieten« (S. 103) mit den Hauptaspekten Bundeswehr-Einsätze und Rüstungsausgaben einen beachtlichen Teil ein. In diesem Zusammenhang ist den Ausführungen von Ellen Brombacher »Kraftlos abstrakte Wiederholung« (jW vom 18.2.2021) voll zuzustimmen, wenn sie für den Programmentwurf eine glasklare Sprache und eindeutige Begriffe verlangt. Auch erscheint mir die Programmformulierung auf S. 103 »Mehr Investitionen in Militarisierung und Aufrüstung lehnen wir ab« als viel zu zaghaft. Mein Formulierungsvorschlag: Die Produktion von Rüstungsgütern aller Art ist in Deutschland einzustellen. Der Export von Rüstungsgütern in alle Länder ist sofort wirkungsvoll zu unterbinden. Die Auflö-sung der Bundeswehr ist in Teilschritten bis .... vorzunehmen. Rüstungsausgaben sind jährlich um....% zu senken. Deutschland muss die Nato verlassen und bündnisneutral werden. Die genannten Maßnahmen sind terminlich zu untersetzen und jährlich vor dem Bundestag abzurechnen. Bekanntlich wird Deutschland von niemand bedroht und Rüstung kostet den deutschen Steuerzahler jährlich Mrd.€ . Für ausgewählte Wirtschaftsgüter (z. Bsp. elektr. Bauteile), welche auch für militärische Belange genutzt werden könnten, sollen mögliche Empfängerländer vorher eine eindeutige, nicht militärische Verwendungsbestätigung vorlegen.
Insgesamt erscheint mir der Programmentwurf zu umfangreich und nicht klar und eindeutig genug formuliert für eine linke Partei. Wer soll nach getaner Arbeit 140 Seiten studieren? Auch halte ich es nicht für richtig, alle denkbaren interessanten Gegenwartsthemen und Zukunftsaspekte vollständig und lückenlos in ein Wahlprogramm zu schreiben. Angebracht wäre eine durchdachte, insgesamt kürzere politische Schwerpunktbildung im Programmentwurf. Die Begriffe Kapitalismus und demokratischer Sozialismus sollten in das Wahlprogramm an hervorgehobener Stelle einbezogen werden. Es geht letztlich nicht darum, möglichst keinen Bürger mit linken Formulierungen zu erschrecken oder jedem Bürger etwas anzubieten. Hier geht es um klar zu benennende linke Positionen. Es geht es um einen unverwechselbaren Programmentwurf der Partei Die Linke! Der Programmentwurf sollte ein Kampfprogrammentwurf sein und keine verdeckte Anbiederung an andere eventuell mögliche Koalitionspartner zur Bundestagswahl 2021.
Für eine eventuell angedachte Überarbeitung wünschte ich mir entschieden mehr Biss und eine erkennbare, glasklare, politische Linie. Insgesamt muss an den Programmentwurf noch mehr roter Pfeffer ran.
Veröffentlicht in der jungen Welt am 20.02.2021.