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Leserbrief zum Artikel Parteidiskussion Die Linke: Klarheit statt Vernebelung vom 19.02.2021:

Richtung Integration

Ich stimme der Kritik an dem Wahlprogramm der Partei Die Linke zu. Ich möchte aber noch folgende Punkte hinzufügen:
– Wir sind in einer fortgeschrittenen Phase der globalen Erwärmung. Teile des Staatsapparats müssen befähigt werden, sich mit den Folgen der globalen Erwärmung meinetwegen nicht nur deutschland- oder europaweit, sondern global auseinanderzusetzen. Ich sehe als wesentliche Folgen der globalen Erwärmung zunehmende Katastrophen, mehr Pandemien, Probleme in der Wasserwirtschaft. Für Katastrophen war bisher das Technische Hilfswerk zuständig. Ob das THW mehr und größeren Katastrophen gerecht wird, ist fraglich. Die Bundeswehr hat da bereits erste Erfahrungen. Die größten Feinde Europas sehe ich in zunehmenden Katastrophen, Pandemien und Trockenheiten. Nur Psychopathen, die der Rüstungsindustrie nahestehen, sehen das anders.
Die Bundeswehr müsste in eine Bundesumweltwehr umgestaltet werden. Der Bundesnachrichtendienst könnte sich als Bundesumweltanalysedienst nützlich machen. Und man sollte auch einen Pandemiedienst gründen, der – wie auch immer verankert – sich diesem wachsendem Problem widmet und auch international aktiv sein darf.
– Eine Partei, die sich Die Linke nennt, darf sich Gedanken über gesellschaftliche Umgestaltungen machen und sollte da beim Finanzsektor anfangen. Was will man da umgestalten? Wenn man »den Raubtierkapitalismus an die Ketten nehmen will«, klingt das toll. Aber wie will man das dann in der Praxis anstellen?
– Demokratie: Griechisch haben nicht alle gelernt. Das Wort »Demokratie« heißt schlicht und einfach Volksherrschaft. Ist es eine Volksherrschaft, wenn ich alle vier Jahre ein Kreuzlein mache und – wie viele Christen oder Muslime (ich bin Atheist) – hoffe, dass die von mir gewählte Partei oder der von mir bevorzugte Abgeordnete dann schon alles so macht, wie ich es mir wünsche? Wenn ich Gregors Koalitionslogikspielchen folge, endet das Vertrauen schon bei Koalitionsverhandlungen. Dann bin ich als Wähler außen vor. Ist das Demokratie? Oder sollte eine Volksherrschaft nicht bedeuten, dass die über 90 Prozent, die kein Mandat haben, dann weiter – uzw. aktiv – den Dingen folgen können.
– Parteien: Deutschland ist ein Parteienstaat. Aber was macht man, wenn gesellschaftlich organisierte Kräfte mehr Mitglieder haben als Parteien? Und das kann man wohl zu Deutschland – und fast allen EU-Staaten – sagen.
– Lobbys: Für mich ist es eine Form der legalisierten Korruption. Wie will man damit verfahren? Laufen lassen ...?
– Hinterzimmerdemokratie: Da spricht der Gregor mit dem US-Botschafter. Und hinterher hören wir ganz andere Töne, als er sonst bei Parteiveranstaltungen von sich gibt. Hat Die Linke Ideen, wie man Politik transparenter gestalten will?
– Straße und belastungsfähiges Schuhwerk: Früher gingen auch Linke gern auf die Straße. Heute gehen sie gern in die Parlamente. Wie steht Die Linke zu den Aktionen spontaner Massendemokratie?
– Rechtsstaat: Die Gesetzeswerke sind in ständiger Bewegung. Waren vor 50 Jahren noch homosexuelle und lesbische Beziehungen ein Strafrechtsdelikt, so haben wir heute Minister mit gleichgeschlechtlicher Präferenz. Was passiert nun, wenn ein bisexuelle Lesbe Minister wird? Darf die liebe Frau dann einen Mann und eine Frau haben? Die gesellschaftliche Realität ist immer noch ein Stück von den Gesetzen entfernt.
Es gibt noch mehr Dinge, die man diskutieren müsste. Die Linke marschiert in eine Richtung, die ich als Integration ins System bezeichnen würde. Ihr droht, dass das Wort »Die Linke« eine leere Worthülse wird. Dann müsste man sich sehr praktisch überlegen, wie man die »Die Linke« ersetzt!
Achim Lippmann, Shenzhen/China
Veröffentlicht in der jungen Welt am 20.02.2021.
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