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Leserbriefe

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Leserbrief zum Artikel Faschismusforschung: Fehlende Positionsbestimmung vom 25.01.2021:

Kaum zu überbieten

Bei seiner grundsätzlich zutreffenden Einschätzung hat der Rezensent einige gravierende Fehlstellen übersehen. Das beginnt mit der kaum zu überbietenden Ignoranz marxistischer Faschismusforscher wie des verstorbenen Kurt Gossweiler und Manfred Weißbeckers zum deutschen und Gerhard Feldbauer zum italienischen Faschismus, alle mit bis zu einem Dutzend Büchern zum Thema vertreten. Auch italienische kommunistische Historiker wie der verstorbene Domenico Losurdo oder Giorgio Galli fehlen. Feldbauer arbeitete heraus, wie die frühzeitige faschistisch Bewegung und ihr Machtantritt unter Mussolini 1922 in Rom sich in Ungarn auf das Horty-Regime, in Bulgarien auf die Errichtung der Zankow-Diktatur, in Portugal auf den General Carmona de Fragoso auswirkten, der römische Faschismus aber vor allem Beispiel für den deutschen unter Hitler war. Das zeigte sich im Einfluss der »Führerpersönlichkeit« Mussolinis auf Hitler, im Entstehen der Strukturen der Bewegung und ihrer Kampfmethoden, besonders der sozialen Demagogie und des Terrors. Hitler benannte seine SA nach Mussolinis Squadre d’Azione, den Sturmabteilungen. Er übernahm den Führertitel »Duce« und den »römischen Gruß« (mit erhobenem rechten Arm). Ein unwesentlicher Unterschied war nur die Farbe der Uniformhemden, bei den italienischen Faschisten war sie schwarz, bei den deutschen braun. »Das Braunhemd«, so räumte Hitler in seinen »Monologen im Führerhauptquartier« noch 1941 ein, »wäre vielleicht nicht entstanden ohne das Schwarzhemd«. Mussolini sei für ihn »eine ganz große Persönlichkeit« gewesen (siehe »Marsch auf Rom«, Papyrossa Köln 2002, S. 39 ff.). Gossweiler schätzte schon zu DDR-Zeiten ein, dass nach dem »Marsch auf Rom« Ruhrschwerindustrielle um Thyssen und Stinnes Hitler und Ludendorff finanziell kräftig unterstützten, damit er nach Mussolinis Vorbild einen ebenso erfolgreichen »Marsch auf Berlin« durchführen könne. Dabei setzten die führenden deutschen Kapitalkreise auf die römische Kombination von Putsch mit anschließender »legaler« Machtübergabe (»Kapital, Reichswehr und NSDAP 1919–1924«, Berlin/DDR 1984, S. 304 ff.). Was die »nach dem Ende des realen Sozialismus« einsetzende Spaltung der IKP betrifft, wird unterschlagen, dass diese von den Revisionisten (der Begriff wird natürlich in dem Buch tunlichst vermieden), die nach dem Tod von Generalsekretär Berlinguer im Juni 1984 die Führung der Partei beherrschten, betrieben wurde.
Bereits auf dem IKP-Parteitag im April 1986 schlug Nachfolger Alessandro Natta den Sozialisten vor, sich mit den Kommunisten zu einer neuen linken Partei zu vereinigen. ISP-Chef Craxi lehnte jedoch ab. Achille Occhetto kündigte nach seiner Wahl zum IKP-Chef im Mai 1988 den für März 1989 einberufenen Kongress als »Parteitag der Wende« an. Dessen Leitfigur war dann Gorbatschow, auf den sich Occhetto bereits in seiner Eröffnungsrede zehnmal als Hoffnungsträger berief. Der Parteitag beschloss einen »Riformismo forte« (tiefgreifenden Reformismus) als »Leitlinie« (nachzulesen, mit italienischen Quellen belegt, in: Feldbauer, »Geschichte Italiens«, 2. Auflage, Papyrossa Köln, 2015, S. 251 ff.).
Doris Prato, per E-Mail
Veröffentlicht in der jungen Welt am 09.02.2021.