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Leserbriefe

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Leserbrief zum Artikel Lage der Obdachlosen: Totale Verelendung vom 21.10.2020:

Frage der Menschenrechte

Immer wieder wird in der jW auf die riesigen Probleme verwiesen, die Hunderttausende Menschen auch in der BRD im Zusammenhang mit Wohnungslosigkeit, Unsicherheiten infolge steigender Mieten usw. sowie insbesondere bei Obdachlosigkeit haben, wofür es praktisch keinen Ausweg gibt. In diesem Zusammenhang ist es von fundamentaler Bedeutung, immer wieder klarzustellen, dass in der DDR – obwohl noch im Frühstadium des Sozialismus – das Menschenrecht auf Wohnraum, die absolute Sicherheit der geringen Miethöhe über Jahrzehnte und der absolute Rechtsschutz bei Kündigungen nicht nur in der Verfassung (Art. 37), sondern auch in der Praxis voll umgesetzt und z. B. Obdachlosigkeit völlig unbekannt war. Es war unmöglich – auch bei Mietrückständen –, einen Mieter aus der Wohnung zu werfen.
Um mit der Frage der Menschenrechte fortzufahren, ist weiter das Menschenrecht auf Arbeit und einen Arbeitsplatz nach freier Wahl zu nennen, das ebenfalls sowohl in der Verfassung (Art. 24) und in der Praxis voll verankert gewesen ist. Weiterhin hatte jeder Bürger das Menschenrecht auf praktisch kostenlose Bildung, Weiterbildung, Recht und Pflicht der Berufsausbildung (Art. 25) sowie, ausdrücklich in Art. 26 vom Staat gesichert, auch die Möglichkeit der Bildung bis zur höchsten Bildungsstufe. Stipendien als reine Staatsleistung waren bei Bedarf weitverbreitet. Hinzu kommt das Menschenrecht auf Schutz der Gesundheit aller Bürger, und zwar unentgeltlich bei materieller Sicherheit bei Krankheit und Unfällen. Dazu wurde flächendeckend ein Netz von Polikliniken und Landambulatorien errichtet
Das Ganze war eingebettet in grundlegenden Menschenrechten, wie auf Frieden und Zusammenrbeit der Völker (Art. 8, 17, 18 usw.), das Menschenrecht auf Freiheit von Ausbeutung (Art.19), auf Freizeit und Erholung (Art. 34), im umfassenden Sinne das Recht auf Kultur, Sport usw. Die Nutzung dieser Menschenrechte wurde den Bürgern durch eine Reihe fundamentaler Maßnahmen gesichert, wie der hervorragenden Entwicklung der Landwirtschaft und damit Gewährleistung der Ernährung aus eigenem Aufkommen, der Schaffung eines staatlichen, absolut flächendeckenden, bis zum kleinsten Dorf funktionierenden Personenverkehrswesens zu Pfennig-Preisen, das umfassende Mitspracherecht in den gesellschaftlichen Gremien und besonders in allen Betrieben.
Die DDR war also kein auf mittelalterlichen Traditionen mit dem Beamtentum beruhender juristischer Rechtsstaat, schon gar nicht ein Unrechtsstaat, wie sie als unmenschliche Ausgeburten kapitalistischer Staaten bekannt sind, sondern die DDR war, weltweit und historisch betrachtet, der erste Menschenrechtsstaat der Geschichte auf deutschem Boden.
Nicht wenige DDR-Bürger, das ist allerdings eine Charakterfrage, haben diese Menschenrechte in der DDR gründlich genutzt, um dann das Land, also die Arbeiter und Bauern, die mit ihrer Arbeit die Umsetzung der umfassenden Rechte erst ermöglichten, zu verlassen und dann noch diesen Staat massiv mit Dreck zu bewerfen, zum Teil in Tausenden TV-Sendungen.
Notwendig ist heute das Studium der Verfassung der DDR in den Schulen und Universitäten und für jeden Bürger, damit bewusst wird, wie die wieder vorhanden uralten Probleme der Menschheit wirklich überwunden werden können.
Gerhard Ulbrich
Veröffentlicht in der jungen Welt am 27.10.2020.