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Leserbrief zum Artikel Rechtsterrorismus: »Die Schießerei hat ewig gedauert« vom 10.09.2020:

Lebenserfahrung

Wenn ich an das beschriebene Attentat von Halle denke und die vielen anderen Verbrechen dieser Art auch in der kapitalistischen BRD, frage ich mich, was für Menschen sind das, die so herangewachsen sind und noch weiter heranwachsen, die so kaltblütig gesellschaftswidrig handeln? Letzten Endes sind es doch die Menschen selbst, halt welche, die ihr Dasein bestimmen. Und da stoße ich unwillkürlich auf mein Erleben in den 40 Jahren DDR im Vergleich zu den 30 Jahren BRD. Der DDR redet man nachträglich noch alles Schlechte nach. Begründet? Es geht wohl eher darum, dass der Kapitalismus in ihrer Zeit nicht auf ihrem Territorium wirken konnte. Wogegen schon Adenauer in einer Art Polizeiaktion mit der Bundeswehr mit klingendem Spiel durchs Brandenburger Tor einmarschieren wollte. Um die armen Brüder und Schwestern zu befreien. Ein Ziel, das die BRD nie aufgegeben hat; siehe Wiedervereinigungsgebot im Grundgesetz. Wie aufatmend, die DDR hat sich ohne Kapital dahingehend entwickelt, dass sie die Gesellschaft aus dem Tal des Kapitals mit all seinem Untergrund herausbrachte, was logisch ohne Druck nicht zu realisieren war. Der eine oder andere hat das nicht verstehen können oder wollen, aber im Interesse der Gesamtgesellschaft konnte auf solche Nachzügler oder Bremser keine Rücksicht genommen werden. Das war der Weg in die wirkliche Freiheit. Die für die BRD gepriesene Freiheit ist nur eine des Geldes, die sich der eine oder andere leisten kann oder nicht. Am Ende dreht sich alles nur um die Gegenwart und Vergangenheit und nicht um die Zukunft. Ja, die 30 Jahre BRD lege ich als rückwärts gerichtet aus. Mag einer denken, wie er will: Die DDR hat die Gesellschaft aus dem Sumpf des kapitalistischen Lebensweise herausgezogen, während sie die BRD-Verhältnisse immer mehr da hineinführen. Nicht umsonst hatte die DDR die niedrigste Kriminalität auf dieser Welt. Der Kapitalismus produziert mit seiner reaktionären Politik also die Menschen selbst, die ohne Skrupel solche Attentate und Verbrechen verüben. Und es werden immer mehr. Da schlägt mein Herz für einen Staat wie den der DDR! Gönnt mir altem Kerl diese Denkweise oder Einstellung! Wenn sie auch nicht in die Zeit passt, aber eben alternativ ist, die man im Kopf haben kann, ist sie doch durch Lebenserfahrungen gedeckt.
Gerhard Schiller, Dresden
Veröffentlicht in der jungen Welt am 22.09.2020.