Leserbrief zum Artikel Währungsunion: Kapital will Krise nutzen
vom 17.09.2020:
Erst Schulden, dann Kahlschlag
Es stimmt: Krisen gelten gemeinhin als Momente, in denen weitreichende Veränderungen möglich sind, somit bieten sie auch Chancen. Aber stimmt es auch, dass Geld die Welt regiert und niemand das Geld bändigen kann, vor allem nicht in Krisenzeiten? Der Geldbeutel scheint das empfindlichste Organ des Menschen zu sein. Aber es kommt noch etwas hinzu: Hinter dem Geld stehen Menschen, meist sehr, sehr reiche Menschen! Das Geld ist weder böse noch gut, es liegt an dem, der’s brauchen tut. Die Strategie des Geldantriebs ist klar: In der Krise muss viel Geld von den Staaten ausgegeben werden – damit das gefährdete Konstrukt EU sich tief verschuldet und diese Verschuldung sie zusammenschweißt. Wer nicht schuldet, hat nichts! Anschließend wird möglichst schnell zur neoliberalen Kahlschlagpolitik der vergangenen Jahrzehnte zurückgekehrt werden. Der Weg dorthin wird gerade mit den Maßnahmen zur Bewältigung der Krise vorgegeben. Die Einhaltung demokratischer Standards soll weiterhin kein Kriterium mehr sein, damit werden alle stolzen sozialen Errungenschaften und Standards schrittweise beseitigt.
Veröffentlicht in der jungen Welt am 19.09.2020.