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Leserbrief zum Artikel Krieg im Mittleren Osten: Invasion mit Folgen vom 01.08.2020:

Schlechter Verbündeter

Der Artikel ist gut geschrieben und analysiert einige wichtige Details. Die Sowjetunion und ihre Verbündeten (auch die DDR) verhielten sich im irakisch-iranischen Krieg neutral. Irak hatte den Iran überfallen. Saddam Hussein hatte wohl damit kalkuliert, dass Iran durch die Revolution geschwächt ist und dass die iranischen Araber, Kurden mit fliegenden Fahnen sich den schnell vorstoßenden irakischen Truppen anschließen würden. Er irrte sich gewaltig. Die USA (und die reaktionären arabischen Regimes) hatten ihn zu dieser Aggression ermutigt, und die Sowjetunion hat ihn zumindest nicht aufgehalten. Seine Baath-Brüder in Syrien waren ihm bei alldem auch nicht sehr wohlgesinnt. Aber schon vorher hatten sich beide Regimes eher distanziert gegenüber dem anderen verhalten. Der Überfall auf Kuwait war – auch – durch nichts gedeckt. Das einzige positive Element an Saddam waren die Verstaatlichung der Ölindustrie in den 1970ern und eine relativ starke Sozialpolitik, verbunden mit der Entwicklung von Infrastrukturen. Saddam war ein Antikommunist durch und durch. Und er ging auch selbst brutal zur Sache. Mit den Kurden und der religiösen Mehrheit der Schiiten verfuhr er ebenso brutal wir mit den Kommunisten und dissidenten arabischen Nationalisten. Zigtausende solcher Menschen hatte er auf dem Gewissen. Wahrscheinlich war er auch zeitweise CIA-Agent, denn Ende der 1950er erstarkten die irakischen Kommunisten unter Kasim, der selbst ein Kommunist gewesen sein könnte. Das waren Entwicklungen, die den USA nicht passten. Man hat sehr lange ganz gut kooperiert. Saddam war auch kein Antiimperialist, und seinem Bündnis mit der Sowjetunion lagen sehr opportunistische Erwartungen zugrunde. Aber das Abstimmungsverhalten der UdSSR in ihren letzten Zügen war nicht in Ordnung. Auch dort betrieb man zunehmend eine prinzipienlose Politik. China und Kuba hoben sich da positiv ab. Irak betrieb viel Propaganda damals. Aber man hielt sich außenpolitisch zurück. Das änderte sich mit dem Überfall auf Iran. Und damit ging es dann zunehmend mit Saddam Hussein zu Ende. Was hat er für den gesellschaftlichen Fortschritt getan? Nichts oder sehr wenig. Er war ein Mörder und musste mit diesem Ende rechnen. Viele der Golfmonarchien betrieben eine wesentlich erfolgreichere Entwicklungspolitik! Auch das muss man konstatieren! Hunderttausende Menschen und zweistellige (oder dreistellige) Milliardenummen wurden in sinnlosen und abenteuerlichen Kriegen verheizt! Irak war ein guter Markt für die DDR. Ein Verbündeter war das Land wohl nie!
Achim Lippmann, Shenzhen
Veröffentlicht in der jungen Welt am 04.08.2020.
Weitere Leserbriefe zu diesem Artikel:
  • Teile und herrsche

    Der Irak war zwar unter Saddam Hussein kein demokratisches Land, jedoch im Mittleren Osten ein nicht von der Religion geprägtes, »verhältnismäßig modernes« Land – unbedingt, wenn man es mit der seithe...
    Istvan Hidy, Stuttgart