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Leserbrief zum Artikel Italien: Mit zweierlei Maß vom 30.06.2020:

Eigene Beschlüsse ernst nehmen

Verdienstvoll ist im Kontext der 81 zivilen NATO-Opfer im Tyrrhenischen Meer von 1980 auch die Nennung der 70 Toten und 450 Verletzten beim Ramstein 1988. Ihrer gedachten wir vor zwei Jahren an unserem Weg, als wir zwischen Landstuhl und Ramstein für die Auflassung der US-Luftwaffenbasis demonstrierten. Dabei erfuhr ich Neues: Schon vor der völlig überflüssigen »Flugschau« hatten regionale Gruppen einige Geistliche der Region erfolgreich dazu bewegen können, von der Kanzel deutlich vom Besuch der Veranstaltung abzuraten. Diese war dann auch signifikant schwächer besucht als in den Vorjahren, in denen leider bereits ähnlicher Unfug mit etwas weniger Pannen stattgefunden hatte – sehen wir einmal ab von der Geldverschwendung, der Lärmbelästigung, der Militärverharmlosung, der Umweltbelastung und dem Beitrag zur Erderwärmung. Es darf vermutet werden, dass die Zahl der NATO-Opfer ohne das mahnende Abraten durch die Geistlichkeit und den – leider nur teilweisen – Boykott noch deutlich höher gewesen wäre.
Als Verhöhnung empfand ich es (seinerzeit als Mainzer Bürger) allerdings, dass der CDU-Ministerpräsident Bernhard Vogel das ihm richtlinientechnisch leichtsinnigerweise anvertraute Land Rheinland-Pfalz als »größten Flugzeugträger der NATO« tituliert hatte, und das auch noch so liebevoll. Es lebe die Prostitution, oder was?
Längst ist Bell/Hunsrück wieder frei von »Cruise Missiles«, selbst für den Giftgasabzug aus mir nicht einzeln bekannten US-Depots im Land bedurfte es statt eines Rep-Präsidenten Donald nur eines Rep-Präsidenten Ronald, um uns zu »belohnen« oder zu »bestrafen« oder sonstwas. In Büchel/Eifel allerdings musste ich noch lange Zeit nach dem Kalten Krieg einmal sogar mit vier wohlgenährten Jusos gegen die gefährlichen US-Relikte dort demonstrieren, auch mit Nina Hagen und Konstantin Wecker – und muss es wohl noch weiter, bis die Bundesregierung die eigenen Beschlüsse ernst nimmt. Vogels farbloser CDU-Nachfolger Carl-Ludwig Wagner beendete ruhmlos immerhin bis heute den über 40jährigen CDU-Dornröschenschlaf des landschaftlich so hübschen Bundeslandes. Vogel selbst allerdings wurde später von seiner Bauernfänger-CDU in Thüringen auf Altersteilzeit gesetzt. Wagners SPD-Nachfolger Rudolf Scharping hatte leider in späteren Funktionen, out of Rheinland-Pfalz, auch nicht wenig an dümmlich-makaberem Hurra-Militarismus zu bieten: »Hufeisenpläne«, mit Schaum vor dem Mund erstunken und erlogen. Doch betreffend die »Frecce tricolori« der Zeit ihres Bestehens außenpolitisch erheblich US-prostituierten italienischen Republik: Es gibt dort heute auch noch »Frecce rosse« und »Frecce bianche«, rote und weiße Pfeile also, die ungleich weniger Energie vergeuden und weniger Menschenleben kosten. So heißen heute die Fernschnellzüge im italienischen Binnenverkehr, an denen allenfalls die unflexible Platzkartenpflicht und die zu hohen Fahrpreise kritikwürdig wären.
Bernhard May, Solingen
Weitere Leserbriefe zu diesem Artikel:
  • Bemerkenswert

    Von dem, was Gerhard Feldbauer über den DC-9-Abschuß vor 40 Jahren schreiben, hatte ich zwar eine vage Ahnung, wusste aber nichts genaues. Ist der italienische Staat noch viel »tiefer« als unser deuts...
    Emmo Frey, Dachau