Leserbrief zum Artikel Geschichtspolitik: Tötet Bismarck!
vom 24.06.2020:
»Kriegsidioten«
Ich las gerade den Leserbrief, in dem Herbert Wolf dem Autor Peter Köhler eine »vulgäre Tirade« über Bismarck vorwirft. Dieser Vorwurf trifft nicht zu. Nun hat Herr Köhler gewiss etwas heftig seinem berechtigten Zorn Ausdruck verliehen. In der Sache hat er jedoch völlig Recht. Der kriegsaffine preußische König Wilhelm I. hat Bismarck ganz bewusst zum Ministerpräsidenten berufen. Und Bismarck hat in seiner »Blut-und-Eisen-Rede« vom 30. September 1862 seine von vornherein auf Kriege setzende Aufrüstungs- und Einigungspolitik mit dem berühmten Satz eingeleitet: »Nicht durch Reden oder Majoritätsbeschlüsse werden die großen Fragen der Zeit entschieden …, sondern durch Eisen und Blut.«
Der Schriftsteller Georg Herwegh hat dies fortlaufend als das allgemeine »Kriegsidiotentum« Bismarcks und seines Auftraggebers, des »Kartätschenprinzen«, preußischen Königs und ab 1871 deutschen Kaisers Wilhelm I. regelrecht gebrandmarkt. Unter anderem auch in brillanten satirischen Zeitgedichte wie »Code Bismarck« oder »Schafott – Zuchthaus«. Dafür zahlte Herwegh einen hohen Preis. Nicht nur der Berliner Hof ächtete ihn, sondern auch das vom Krieg enorm profitierende Bürgertum sowie die meinungsbildende geistige »Elite«. Herwegh verarmte.
Heute sitzen noch allerorten hoch zu Ross die von Herwegh ganz zu Recht als »Kriegsidioten« charakterisierten Bismarck und Wilhelm I. Sehe ich sie auf einem dieser ungezählten Denkmäler im vollem Ornat ihres Stolzes sitzen, dann denke ich – wie Peter Köhler: Sie sitzen da zu Unrecht. Und an Rosa Luxemburg erinnert heute an der Häuserfassade der Mannheimer Str. 43 in Berlin-Wilmersdorf nicht einmal ein Schild daran, dass sie von hier aus am 15. Januar 1919 von der »Wilmersdorfer Bürgerwehr« verschleppt und im und vor dem Hotel Eden zunächst gefoltert und dann getötet wurde – mit der Billigung Noskes, der wohl wiederum nichts Gravierendes dieser Art ohne Zustimmung Eberts tat.
Der Schriftsteller Georg Herwegh hat dies fortlaufend als das allgemeine »Kriegsidiotentum« Bismarcks und seines Auftraggebers, des »Kartätschenprinzen«, preußischen Königs und ab 1871 deutschen Kaisers Wilhelm I. regelrecht gebrandmarkt. Unter anderem auch in brillanten satirischen Zeitgedichte wie »Code Bismarck« oder »Schafott – Zuchthaus«. Dafür zahlte Herwegh einen hohen Preis. Nicht nur der Berliner Hof ächtete ihn, sondern auch das vom Krieg enorm profitierende Bürgertum sowie die meinungsbildende geistige »Elite«. Herwegh verarmte.
Heute sitzen noch allerorten hoch zu Ross die von Herwegh ganz zu Recht als »Kriegsidioten« charakterisierten Bismarck und Wilhelm I. Sehe ich sie auf einem dieser ungezählten Denkmäler im vollem Ornat ihres Stolzes sitzen, dann denke ich – wie Peter Köhler: Sie sitzen da zu Unrecht. Und an Rosa Luxemburg erinnert heute an der Häuserfassade der Mannheimer Str. 43 in Berlin-Wilmersdorf nicht einmal ein Schild daran, dass sie von hier aus am 15. Januar 1919 von der »Wilmersdorfer Bürgerwehr« verschleppt und im und vor dem Hotel Eden zunächst gefoltert und dann getötet wurde – mit der Billigung Noskes, der wohl wiederum nichts Gravierendes dieser Art ohne Zustimmung Eberts tat.
Veröffentlicht in der jungen Welt am 06.07.2020.