Leserbrief zum Artikel Ware Gesundheit: Im Dauernotstand
vom 30.05.2020:
Was gebraucht wird und was nicht
Wir leisten uns für die Eventualität eines bewaffneten Angriffs auf Deutschland eine Milliarden Euro teure Bundeswehr, die dafür noch nie benötigt wurde. Hunderttausende Soldaten stehen dafür bereit, und wir brauchen sie nicht. Selbst wenn ein bewaffneter Angriff käme, bräuchten wir sie nicht, denn bewaffnete Verteidigung ist Selbstzerstörung. Durch Kriegshandlungen würden Atomkraftwerke und Chemiefabriken zerstört, landwirtschaftliche Nutzfläche vergiftet, wir hätten keine Energie und Wasserversorgung mehr, Deutschland wäre damit unbewohnbar. Militärische Verteidigung ist für uns der sichere Tod. Die notwendige Bereithaltung von medizinischem Personal für die Realität einer Pandemie haben wir uns nicht leisten wollen. In Krankenhäusern sollen Betten nahe 100 Prozent belegt sein, um Profite in die Taschen kirchlicher und privater Krankenhausbesitzer zu spülen. Auch ohne Pandemie arbeiten Ärzte mehr als vollschichtig mit Überstunden. Es gibt keine Reserven an Krankenhauspersonal. Maßnahmen der Verlangsamung der Coronainfektion können keine Leben retten, sondern dienen alleine einer gleichmäßigen Auslastung des medizinischen Personals und dem Profit der Krankenhausträger. Deutschland muss in einem ausschließlich staatlichen Gesundheitswesen ohne Profitinteressen Ärzte und Krankenpflegepersonal in einem Übermaß bereithalten, das im Regelfall gar nicht benötigt wird, damit durch zusätzliche Pandemiekranke nicht gleich alles zusammenbricht.
Veröffentlicht in der jungen Welt am 11.06.2020.