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Leserbrief zum Artikel Kommentar: Erholung nach Plan vom 16.05.2020:

Simple Mathematik

Mir fehlen die Worte (besser: Ich sage lieber nicht, was ich denke), wenn ich die hirnrissigen Kommentare z. B. zum Artikel »Erholung nach Plan« in der jW vom 16./17. Mai lese. Ausgerechnet der jW anzulasten, was Staatsagenten an Scheiße gebaut und gleichgeschaltete Medien an Unfug in Umlauf gebracht haben, erinnert an Grenzdebilität. Da hilft nur ignorieren, auf den Käse eingehen wäre Zeitverschwendung. Was nach meiner Meinung auf längere Sicht hilfreich sein könnte, wäre ein (oder mehrere) weiteres Kompendium, das sich mit
a) mathematischen Grundlagen (Wachstum, insbesondere exponentielles, Wachstumsfetisch; ich könnte mich bekringeln, habe »Wachstumsfetisch« gegoogelt und dieses im Handelsblatt gefunden: handelsblatt.com/meinung/kommentare/kommentar-china-muss-sich-vom-wachstumsfetisch-loesen/24227624.html – es ist schon interessant, welche guten Tips von Vollversagern gegeben werden)
b) Problemen des Schlussfolgerns und Handelns bei fehlendem bzw. unsicherem Wissen
c) (materialistischer) Wissenschafts-, Erkenntnistheorie: Die Physik von der lebendigen Kraft bei Aristoteles bis zum Urknall und der Wasserstoffbombe (oder Facebook), Erkenntnisgewinn durch fehlgeschlagene Experimente, ein Kapitel, das in allen Lehrplänen fehlt,
beschäftigt.
b) ist seit vielen Jahren Gegenstand der KI-Forschung, die Ergebnisse sind aber – wie man im aktuellen Fall der Pandemie sehen kann – eher mäßig.
Eine Linke täte gut daran, sich intensiv dieser Gegenstände anzunehmen. Die Tendenz, zu meinen, alles sei berechen- und vorhersagbar (planbar), ist leider so falsch wie weitverbreitet.
Auf welches Wissen können wir uns verlassen, und was müssen wir glauben, postulieren, annehmen, abschätzen, vermuten? Wo sind die (heutigen) Grenzen des Wissens? Mit Marxens Exzerpten von Liebig kann man heute keinen Blumentopf mehr gewinnen ...
Am konkreten Beispiel der Pandemie könnte man das etwas aufdröseln. Auf der RKI-Seite findet man ziemlich viel, aber leider recht verstreutes Material dazu.
Mit mathematischer Sicherheit kann man den Verlauf einer ungebremsten Infektionswelle beschreiben – wenn man die Basisreproduktionszahl und viele weitere Tatsachen kennt. Die kennt man aber bis heute nicht, jedenfalls nicht genau (Inkubationszeit, Kreuzimmunität, nichtsymptomatisch Erkrankte, präsymptomatische Infektiosität ... ) und konnte sie beim Ausbruch erst recht nicht kennen. Verdopplung der Fallzahlen in zwei, drei oder vier Tagen?
Offenbar sind viele nicht in der Lage, mit dieser simplen Mathematik umzugehen, geschweige denn, sie in nicht ganz trivialen Zusammenhängen zu handhaben.
Heinrich Hopfmüller
Veröffentlicht in der jungen Welt am 19.05.2020.
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