Leserbrief zum Artikel 75 Jahre Befreiung vom Faschismus: »Warum reisen deutsche Politiker nicht zu den Gedenkstätten der Blockadetoten Leningrads?«
vom 06.05.2020:
Frage beantwortet
An dieser Stelle wäre es angebracht gewesen, auf die Person eines ehemaligen deutschen Bundeskanzlers einzugehen. Als Wehrmachtsoffizier verdiente sich Helmut Schmidt bei der Blockade Leningrads das Eiserne Kreuz 2. Klasse. Er wurde später Bundeskanzler und als »einer der bedeutendsten Politiker der Nachkriegszeit« sogar mit einer Straße in Schönow bei Bernau geehrt. An der einstigen Pappelallee wird man nun gewiss viel Rühmendes über ihn lesen können, aber vermutlich nicht, dass er acht Jahre lang die Uniform mit Reichsadler und Hakenkreuz trug und seine Vorgesetzten ihm wiederholt bescheinigten, »auf dem Boden der nat. soz. Weltanschauung« zu stehen und dass Schmidt es verstehe, »dieses Gedankengut weiterzugeben«, wie es in einem Dokument vom 1. Februar 1942 heißt. Am 10. September 1943 wurde ihm erneut eine »einwandfreie nationalsozialistische Haltung« attestiert, und am 18. September 1944 hieß es: »nationalsozialistische Haltung tadelfrei«. Schmidts britische Kriegsgefangenschaft endete bereits nach knapp vier Monaten. Damit hat sich die Frage, warum deutsche Politiker nicht nach Leningrad reisen, für mich beantwortet.