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Leserbrief zum Artikel Notstandsregime: Eine beunruhigende Perspektive vom 28.03.2020:

Linke ohne Perspektive

Das Coronavirus hat unstrittig zu einer Ausnahmesituation in Staat und gesellschaftlichem Leben geführt. Norman Paech nennt diese bereits »Ausnahmezustand«, und mit der Metapher »Notstand auf Taubenfüßen« befürchtet er die Verschärfung eines angeblich schon seit dem Jugoslawien-Krieg bestehenden »permanente(n) Ausnahmeszenario(s)«. Ist ein Ausnahmezustand wie in der Türkei – an welchen er u. a. erinnert – zu befürchten, dass also Soldaten mit MP in der Armbeuge auf Plätzen und Straßen die Ausgangssperre durchsetzen?
Die Linken stehen vor einem schwierigen Problem: Das Virus muss bekämpft werden, und gleichzeitig gibt es Rufe nach dem sogenannten starken Staat. Ernsthafte Absichten oder Versuche in diese Richtung mag es geben. Seltsamerweise spielen die Gefahren der Pandemie bei Paech an keiner (!) Stelle eine Rolle. Meint er, man könne das Virus mit parlamentarischen Debatten und Beschlüssen bekämpfen, also noch langsamer, als die Regierung(en) hierzulande agieren ?
Eine Regierung, die den Beginn der Pandemie verschlafen hat, dafür verantwortlich ist, dass das Gesundheitssystem gar nicht (oder schlecht) vorbereitet ist, elementare Dinge wie Schutzhandschuhe nicht in genügender Anzahl beschaffen kann, sollte nicht schwer zu denunzieren sein, wenn man – was die Linke offenbar nicht hat – Vorschläge/Forderungen aufstellt, die gegen das Virus sinnvoll und erfolgversprechend sind.
Das Vorgehen der Regierung und ihrer Experten lässt im günstigsten Fall ein Ergebnis wie etwa bei der letzten Influenzaepidemie von circa 25.000 Toten (fast alle Alte) erwarten.
Wer kümmert sich um das Recht auf Leben ?
Nun scheint aber China – Südkorea evtl. doch nicht – gezeigt zu haben, dass man ein entsprechendes Ergebnis verhindern kann. Allerdings wissen wir nichts über deren Methoden, auch den in diversen Medien gefragtesten Experten, Herrn Drosten von der Charité, scheint dies nicht zu interessieren.
Dankenswerterweise erfährt man über Angebote der Regierung in Beijing aus der jW, aber auch hier Fehlanzeige zu deren Maßnahmen und Vorgehen. Die Maßnahmen werden nicht angenehm gewesen sein – und »demokratisch« schon gar nicht.
Man erinnert sich an eine Anekdote von Peter Hacks, der in einem nicht sehr anderen Zusammenhang einem Freund darlegte, es gehe nicht darum, ob Maßnahmen weh tun, sondern ob sie die richtigen seien.
Klaus-Jürgen Hügel, Kehl
Veröffentlicht in der jungen Welt am 01.04.2020.
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