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Leserbrief zum Artikel Kommentar: Macht hat Vorrang vom 17.02.2020:

Im Jammertal

Zunächst die guten Nachrichten: Trotz der von Bundespräsident Steinmeier auf der Münchner »Sicherheitskonferenz« beklagten »zunehmend destruktiven Dynamik der Weltpolitik« kann sich fast jeder Mensch in diesem Land ausreichend ernähren, verfügt über sauberes Wasser und einen angemessenen Platz zum Wohnen. Manche können diese und weitere Bedürfnisse sogar exzessiv befriedigen. Nun die schlechten Nachrichten: Der Bundespräsident klagte vor dem hohen Forum über den Rest der Welt. Über Russland sowieso, über die Chinesen wegen deren »selektiver Akzeptanz des Völkerrechts«. Streitobjekte seien »Hoheitsrechte über Inseln, Felsen, Sandbänke und maritime Rechte«. Und, man höre und staune, über die USA wegen mangelhafter transatlantischer Zusammenarbeit. Vielen genügt zwar die transatlantische Präsenz in der BRD mit 36.000 US-Soldaten an elf Hauptstandorten, den De-facto-US-Enklaven Ramstein und Grafenwöhr, sowie 20 Atomwaffen auf dem Fliegerhorst in Büchel. Aber das ist sicher Ansichtssache. Europa muss ran, so der Bundespräsident. »In der Mitte Europas darf kein ängstliches Herz schlagen.« Aber schreiten wir nicht schon recht forsch voran? Im Baltikum haben wir einen neuen »eisernen Vorhang« errichtet! 37.000 Soldaten karrt die NATO in diesem Frühling bis 100 Kilometer vor St. Petersburg, deutsche Panzer inclusive. Wir sind Weltmeister des Waffenexports. Kein IS-Terrorist könnte ohne westliches Kriegsgerät auch nur einen Schuss abgeben. Wir sind bald auch Rüstungsweltmeister. Zwei Prozent vom Bruttoinlandsprodukt heißt die magische Zahl, deren baldige Erreichung beschworen wird! Dafür schauen wir zu, wie die Flüchtlinge, deren Strom verderbliche westliche Politik verursacht hat, an den Grenzen unseres Europareiches in Dreck und Unrat verkommen. Nicht einmal die Frauen und Kinder retten wir. Wir sind unfähig, jene Migranten, die das Glück hatten, in unser reiches Land zu gelangen, wirksam zu integrieren. Wir lassen zu, dass sie von politischen Dunkelmännern zum Popanz gemacht werden. Neben den vielbeschworenen hehren äußeren Zielen ist im Inneren unseres Landes ebenso sehr viel zu tun. Ein rational und ökologisch sinnvolles Tempolimit, wie es auf den Autobahnen der ganzen Welt üblich ist? Nicht in Deutschland. Ein vernünftiges Gesetz über Organspende, welches tausendfach Leben retten würde? Nicht bei uns. Ein »Lebensmittelgipfel« bei der Kanzlerin? Außer Worthülsen nichts von Nachhaltigkeit! Nicht einmal für die vielbesprochene »Lebensmittelampel« reichte es. Das deutsche Vorzeigeunternehmen »VW« – Betrüger an seinen Kunden. Entschädigungszahlungen sollen es richten! Das Eurounternehmen »Airbus« mit maßgeblicher deutscher Beteiligung ein weltweit agierender Zahler von Schmiergeld. Inzwischen zu Bußgeldern verurteilt, in Milliardenhöhe. Und da wollen wir die Welt retten? Materiell wären wir dazu in der Lage. Die Staatskassen sind voll. Auch gibt es genügend Superreiche, die an den Rettungsmaßnahmen beteiligt werden sollten. Die Multimilliardäre, die durch ihr »Geld heckendes Geld«, Kapital eben, ohne ihrer Hände oder ihres Geistes Arbeit immer reicher werden! Wie vielen Übeln könnte abgeholfen werden! So will es auch unser Grundgesetz: »Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohl der Allgemeinheit dienen.« Darüber sollte der Bundespräsident einmal sprechen.
Norbert Staffa, Großolbersdorf
Veröffentlicht in der jungen Welt am 19.02.2020.
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