Leserbrief zum Artikel »Wir haben es satt!«: Klöckner will Handel
vom 20.01.2020:
Steak im Goldmantel
Internationaler Handel bekämpfe Hunger, schone Ressourcen und trage zu Stabilität und Frieden bei, klöckelt Klöckner unwissend oder nur frech und frei daher. Wo in aller Welt hat sie das erkannt und diese Entwicklung vorgefunden? Frieden und Stabilität: Wo hat die globalisierte Handels- und Wirtschaftsdiktatur des Kapitals den ärmsten Regionen und Staaten das jemals geschaffen oder dabei je Hilfe geleistet? Die protestierenden Bauern in Berlin sehen in der Frage jedenfalls klarer als ihre Ministerin, die vorgibt, sie zu verstehen. Sie versteht die Großkonzerne der Agrarwirtschaft, deren Interessen sind Klöckners Maßstab. Dem Verstand des Kapitals und den vielbeschworenen Märkten, die sich selbst am besten regelten, bleibt verborgen, sie wollen nicht sehen, wie ihr vernichtender Markt-Profit-Wahn den Bauern und der Landwirtschaft in der sogenannten dritten Welt keine Chance lässt und sie mit billigsten Agrarerzeugnissen überflutet. Den Landwirten in den eigenen Staaten wird die Existenz in Gefahr gebracht durch diese zerstörerische Handelspolitik. Damit sind die verheerenden Zusammenhänge noch nicht annähernd erklärt. Wer auch nur eins und eins zusammenzählen kann, in Zusammenhängen zu denken vermag, dem erklären sich dann aller Raubbau an Natur und Umwelt, die Umweltzerstörung, der Hunger, die Flucht von Millionen Menschen aus ihrer Heimat, Kriege und Konflikte ohne Ende, Armut und Elend in der Welt. Die Ministerin appelliert an die Konsumenten, die auch als Hartz-IV-Empfänger sich gesund ernähren könnten. Sarrazin hatte es schließlich mal »wissenschaftlich« nachgewiesen. Nicht Profitgier sei das Problem, sondern der Geiz der weniger wohlhabenden Millionen, wenn wir es nur richtig verstehen. Mit den Billigsterzeugnissen soll dann wohl der Tafelmarkt bedient werden und noch Profite erbringen. Eine Fleischsteuer sei noch anzubieten, eine Steuer also, die den Ärmsten ein Stück Fleisch zum Luxus macht und einigen ohne Problem ihr Steak weiter im Goldmantel servieren lässt. Das sollen wir dann als höchste Gerechtigkeit und Solidarität begreifen. Für wie dumm werden wir gehalten?
Veröffentlicht in der jungen Welt am 22.01.2020.