Leserbrief zum Artikel Gewalt in Connewitz: Organisierter Angriff
vom 03.01.2020:
Stimmen fürs Konto
Die Justiz liegt einem Juristen mehr als die Wissenschaft. Wohl deswegen hält Rechtsanwalt Sebastian Gemkow nach dem Plätzerücken in der Landesregierung nach einer adäquaten Tätigkeit inklusive Besoldung Ausschau bzw. geht jetzt beim Kleinbürgertum der Messestadt hausieren. Die Connewitzer Ereignisse kommen dem vormaligen Justizminister sehr gelegen, um den Goldesel seiner Geburtsstadt anzufüttern. Auf dem Plakat »Sicheres Leipzig« erscheint er im Habitus der Strenge, hinter einer Polizistin stehend. Ein Bild für Einfältige. Die Ursachen bekämpfen? Das ist eine platte linke Forderung zur sozialen Schieflage. Warum fackelte die Tochter eines reichen Anwalts in Leipzig nachts Dutzende Autos ab? Weiter unten gesellt sich »Die Leipziger Union« zum Bild, die sich besser macht als das CDU-Logo, dann Gemkows Subskription in kitschiger Menükarten-Type. Der junge Emporkömmling der Tillich-»Ära«, der sich mit Vollbart und altmodischem Brillengestell auf »reif« frisiert, geht aber auch auf grünem Terrain fischen, indem er sich leger auf einem Rad mit Rucksack inszenieren lassen hat. Die Tage von OB Jung (SPD) sind gezählt? Im zweiten Wahlgang hatte es der westfälische Dandy zwar 2013 doch noch geschafft – wegen geringer Wahlbeteiligung –, seine Versprechen hat er allerdings auch in den Folgejahren nicht einzulösen vermocht. Gemeinsam ist beiden Schauspielern, dass sie die schale Wahlkampfphrase »Stimme für Leipzig« benutzen, was entkleidet »Stimme für mein Konto« bedeutet.
Veröffentlicht in der jungen Welt am 09.01.2020.