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Leserbrief zum Artikel Kritik des Geldes: Prägendes Verhältnis vom 06.01.2020:

Wunschdenken

Günther Sandleben begrüßt in seiner Buchvorstellung die Idee, Ware und Geld ließen sich im anzustrebenden Sozialismus durch »Plan und Arbeitszeitrechnung« ablösen. Wer beabsichtigt, die gesellschaftlich durchschnittlich notwendige Arbeitszeit für bestimmte Produkte zu ermitteln, hat sich einiges vorgenommen. Einzubeziehen wären die Vorprodukte, die die Produktion begleitenden Dienstleistungen sowie allgemeine Voraussetzungen (z. B. Forschung und Infrastrukturen). Darüber hinaus müsste berechnet werden können, welcher Anteil der Gesamtarbeit auf das jeweilige konkrete Produkt entfällt. In welchem quantitativen Verhältnis stehen verschieden qualifizierte Arbeiten zueinander? Auch die für eine Berechnung der gesellschaftlich notwendigen Arbeitszeiten erforderliche Erfassung der Bedürfnisse sowie die Veränderungen, denen alle genannten Größen unterliegen, überfordern die rechnungsführende Institution. Ob die Autoren des rezensierten Buches in ihrem Plädoyer für Arbeitszeitrechnung auf solche Einwände eingehen, erfahren die Leser in Sandlebens Artikel nicht. Nur Wunschdenken nimmt eine »einfache und überschaubare Struktur« (Sandleben) der nachkapitalistischen ökonomischen Vernetzungen an.
Meinhard Creydt, Berlin

Kommentar jW:

Meinhard Creydt nennt es »Wunschdenken«, von einfachen und überschaubaren Strukturen in einer Gesellschaft zu sprechen, die »Goodbye Kapital« durchgesetzt hat. Wer die heutige Komplexität der Wirtschaft auf die Zukunft überträgt, lässt unberücksichtigt, dass die kapitalistische Form – Preise, Geld, Märkte, Börsen, Finanzkapital, etc. – die Unüberschaubarkeit erst hervorruft. Mit der Beseitigung der kapitalistischen Art des Produzierens verschwinden solche undurchsichtigen, verwickelten Verhältnisse. Übrig bleibt eine arbeitsteilige, güterwirtschaftliche Produktion. Solche Arbeitsprozesse werden schon heute gründlich organisiert und geplant, wenngleich diese Planwirtschaft ungeheuer erschwert wird durch die kommerzielle Seite des Prozesses, einschließlich durch die Wechselfälle des Krisenzyklus. Was eine davon befreite Gesellschaft noch tun muss, ist die planwirtschaftliche Verbindung zwischen den »Wertschöpfungsketten« herzustellen, die bislang durch Eigentum und Märkte unterbrochen werden. Der hier neu entstehende Planungsaufwand hält sich nun wirklich sehr in Grenzen.

Günther Sandleben, Berlin

Veröffentlicht in der jungen Welt am 07.01.2020.
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  • Antwort auf Meinhard Creydt

    Märkte hält Meinhard Creydt für eine ökonomisch effektive und daher unverzichtbare, auch im Sozialismus unbedingt notwendige Einrichtung, um zwischen den »qualitativ verschiedenen Gesellschaftsbereich...
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  • Nicht so einfach wie gedacht

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    Meinhard Creydt, Berlin