Leserbrief zum Artikel Kommentar: Kriegsfeiern
vom 09.11.2019:
Wenn du Frieden willst ...
John Nobel beschreibt 1863 ein Friedenskonzept folgendermaßen: »Friede sowohl in inner- als auch in zwischenstaatlicher Hinsicht sollte verstanden werden als ein gewaltfreier und auf die Verhütung von Gewaltanwendung gerichteter politischer Prozess, in dem durch Verständigungen und Kompromisse solche Bedingungen des Zusammenlebens von gesellschaftlichen Gruppen bzw. von Staaten und Völkern geschaffen werden, die nicht ihre Existenz gefährden und nicht das Gerechtigkeitsempfinden oder die Lebensinteressen einzelner oder mehrerer von ihnen so schwerwiegend verletzen, dass sie nach Erschöpfung aller friedlichen Abhilfeverfahren Gewalt anwenden zu müssen glauben. Um Frieden zu erreichen, sind deshalb anhaltende Bemühungen um Rechtsstaatlichkeit, Erwartungsverlässlichkeit, ökonomischen Ausgleich und Empathie erforderlich.« Dagegen hat man heute auch nichts einzuwenden, aber … Zunächst einmal muss doch wohl jeder, der den Frieden will, für den Frieden gerüstet sein. Er muss ausreichenden Hab und Gut haben, so dass er nicht die Güter seines Nächsten oder eines anderen begehrt. Er muss mit seinem Leben zufrieden sein, so dass er den Tod fürchtet. Dass die moralischen Gebote, die zwischen einzelnen Menschen gelten, auch zwischen Nationen Gültigkeit haben, hat nicht nur Machiavelli, sondern hat auch unser großer Philosoph Hegel bezweifelt. »Realpolitik« verlangt nach anderen Geboten als denen der Bergpredigt. Den Frieden wollen genügt nicht. Wir können ihn nicht bewahren, wenn wir nicht bereit sind, ihn auch zu verteidigen. Darum lautet die Parole leider heutzutage anders: »Wenn du den Frieden willst, bereite den Krieg vor.« Betrachten wir diesen Spruch des Römers, dann ist der Krieg nichts anderes als die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln, was die USA tatsächlich und alltäglich praktizieren, und nicht nur in der Ferienzeit ihres Diplomaten. Man kann darüber nur rätseln, ob das nur ein Winterschlaf unserer Kultur ist oder generell eine Niederlage des menschlichen Geistes.