Leserbrief zum Artikel Prozessauftakt in Dresden: Umsturz geplant, Schwächere attackiert
vom 01.10.2019:
Nichts bemerkt
»Revolution Chemnitz«, wie harmlos, fast wie »friedliche Revolution« klingt es. Soll es so ankommen? Von Nazis, Naziumtrieben, Gewalt, faschistisch geprägten Revolutionären (…) ist nichts zu erfahren in den über den Tag laufenden Meldungen zum Prozessbeginn (…). Rechtsextrem und terroristisch ist als Bezeichnung gar nichts so Besonderes mehr im Lande. Rechter gleich linker Terror, und die Sache ist schon fast normal und eben nichts, was gefährlicher als anderes wäre. Dumm an der Sache nur: Als die Aufregung um Chemnitz letztes Jahr Wellen schlug, da wussten selbst höchste Politiker und Behörden, dass es das alles nicht gegeben hat, keiner hatte es gesehen, dass Jagden auf Ausländer stattgefunden haben, es soll eigentlich nur Trauerstimmung gewesen sein. Wer noch ein wenig mehr und vielleicht mal auch selbst nachdenkt, der wird sich irgendwann fragen müssen, wie es sein kann, nachdem seit Jahr und Tag Überwachung, Beobachtung, Ausrüstung und Möglichkeiten wie Freiheiten unserer Sicherheitsbehörden ausgebaut, aufgebaut, verstärkt und perfektioniert wurden, wie dann selbst so offenbare Gruppen und deren Tun niemandem in unserer Behörden auffallen können. Sind diese Behörden überhaupt dafür da oder für ganz etwas anderes? Wir feiern erst mal wieder intensivst die »friedliche Revolution« von vor 30 Jahren, während die nächste und weiterführende, noch friedlichere im Gange ist. Bis dahin helfen das »Grauen« und die »Hölle DDR« über den Übergang hinweg.
Veröffentlicht in der jungen Welt am 01.10.2019.