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Leserbriefe

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Leserbrief zum Artikel Altersarmut: Untaugliches »Pflaster« vom 13.09.2019:

Wozu Bertelsmann?

Ich finde es weiterhin problematisch, dass Sie sich laufend positiv auf Bertelsmann-Studien beziehen, ohne dies kritisch zu kommentieren. So wird der Eindruck erweckt, die Bertelsmann-Stiftung sei eine grundsätzlich begrüßenswerte Einrichtung, mit der man zwar nicht immer einer Meinung ist, die aber Seriosität und Legitimation besitzt, sich in politische Fragen einzumischen. Gewinnt eine Forderung wirklich dadurch an Glaubwürdigkeit, dass eine Bertelsmann-Studie zum selben Ergebnis kommt? Und was, wenn nicht? Was soll man von einer linken Öffentlichkeit halten, die ständig Bertelsmann-Studien hervorziehen muss, um ihre Positionen zu stützen? Diese Studien sind reine PR, dienen der Abwehr von linker Kritik und werden deshalb medienwirksam publiziert. Hinter den Kulissen laufen weit fragwürdigere Aktivitäten ab, oft fern der Öffentlichkeit. Z. B. die Geschichte, wie Bertelsmann den Aufschwung der Rechten begünstigt hat: Einführung von Hartz IV, Nationalismus-und-Deutschlandfahnen-Kampagne »Du bist Deutschland« und schließlich die Gewinnung von Thilo Sarrazin als Buchautor für »Deutschland schafft sich ab«. Oder die Geschäftsbeziehungen, die Bertelsmann noch bis vor kurzem zu Paulo Guedes, dem ehemaligen Wahlkampfberater Bolsonaros und gegenwärtigen ultraneoliberalen Wirtschaftsminister Brasiliens pflegte, und zwar im sensiblen Bereich der Investitionen in private Bildungsunternehmen. Würde Bertelsmann gegenwärtig wieder ein Projekt mit ähnlicher Tragweite wie Hartz IV fördern, würden linke Medien dies bemerken und skandalisieren? Wohl kaum! Dies zu recherchieren und zu analysieren, würde Mühe und Ressourcen kosten. Die Zeit zum Abschreiben der Pressemeldungen aus dem Hause Bertelsmann wäre sinnvoller genutzt, würde man von Zeit zu Zeit versuchen, sich eigenständig einen kritischen Überblick auch über die weniger sichtbaren Aktivitäten Bertelsmanns – Konzern und Stiftung – zu verschaffen, und dann wenigstens über einige Aktivitäten kritische Berichte verfassen.
Wiebke Priehn