Leserbrief zum Artikel Unterwegs im Osten: Jubel, Grusel und Retusche
vom 07.09.2019:
Gelungene Vermittlung
Über diesen Aufsatz habe ich mich sehr gefreut, da er von einem klaren Standpunkt aus das Erstarken faschistischer Tendenzen am thüringischen Beispiel darstellt und erklärt. Wir Marxisten neigen ja dazu, politische Phänomene wissenschaftlich-rational auf einem hohen Abstraktionsniveau zu erklären (siehe Georgi Dimitroff auf dem VII. Weltkongress 1935). Doch meist fehlt dabei die subjektive Erlebens- und Vermittlungsebene: Warum fällt vor allem bei enttäuschten, sozial verunsicherten und durch die »Wende« gedemütigten Menschen der Irrationalismus faschistischen Denkens auf besonders fruchtbaren Boden? Diese Verknüpfung von objektiver Empirie und subjektiver Wahrnehmung ist Burga Kalinowski beispielhaft gelungen. Das erinnert an Brechts Drama-Kunst (»Arturo Ui«) und Karl Marx’ Forderung, den Menschen mit sich und der Natur zu versöhnen. Und es war stets mein Bemühen in meinem Beruf als Psychiater und Psychotherapeut. Vielen Dank!
Veröffentlicht in der jungen Welt am 10.09.2019.