Leserbrief zum Artikel Wahl in der Ukraine: Klarer Sieg für Selenskij
vom 23.07.2019:
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»Klarer Sieg«? Die weiter unter 50 Prozent gesunkene Wahlbeteiligung kündet m. E. noch viel mehr als die Wahl der »Diener des Volkes«, der gerade erst entstehenden, politisch unklaren Partei des Politkabarettisten Selenskij, von der Müdigkeit und Verdrossenheit der Bewohner der Ukraine. Erwähnt werden sollte auch das Verbot der KP der Ukraine (KPU) 2014, der vorher, »in Friedenszeiten«, 2012, immerhin jeder siebte Wähler seine Stimme gegeben hatte! (Wenigstens die jW hätte daran erinnern müssen! Dass sich die westlichen »Menschenrechtler« daran nicht stoßen, ist schon »normal«.) Und: Fast zwei Drittel der 49,8 Prozent, die überhaupt zur Wahl gingen, wählten zudem »neue« Parteien. Denn auch die »prorussische«, d. h. für bessere Beziehungen mit Russland eintretende »Oppositionsplattform für das Leben« ist ja neu – sie ist durch Abspaltung aus dem »Oppositionsblock« hervorgegangen (der so nur noch drei Prozent der Stimmen, aber doch sechs Direktmandate erhielt).
War nicht die Beteiligung unter 50 Prozent der Wahlberechtigten bei der Wahl Maduros zum Präsidenten Venezuelas im Mai 2018 das wichtigste Argument des Westens, diese Wahl als ungültig zu bezeichnen? Obwohl dort keine einzige der auf Anraten Washingtons daran nicht teilnehmenden oppositionellen Parteien verboten war? Grund für rund 50 Länder, sofort nach dem 23. Januar dieses Jahres den selbsternannten »Interimspräsidenten« Guaidó anzuerkennen?
Es ist freilich spekulativ, ob oder ob nicht der Ausschluss der KPU von den Wahlen zu der geringen Beteiligung beigetragen hat. Da hat vielleicht doch ein beträchtlicher Teil der Wählerschaft begriffen: »Wenn Wahlen etwas ändern könnten, würden sie veboten.« Es ist durchaus daran zu zweifeln, dass, wie Lauterbach schrieb, sich »soziale Unzufriedenheit … heute eher faschistisch als sozialistisch« äußere; die Wahlergebnisse der »Radikalen Partei« (vier Prozent, kein Mandat) oder von »Swoboda« (2,5 Prozent, ein Direktmandat in Lwiw) – sprechen da eine andere Sprache! Die Unzufriedenheit blieb großenteils wohl eher unter der Oberfläche!
Oder aber sie äußerte sich (so jedenfalls bei den russischsprachigen Einwohnern des Ostens) in der Wahl der »Oppositionsplattform für das Leben«. Die hatte bei der Parlaments- wie bei der Präsidentenwahl in den – aus der Sicht der Volksrepubliken – »besetzten Gebieten« der Oblasti Donezk und Lugansk klar die Nase vorn, vor allem mit der Forderung nach sofortigem Frieden mit den Aufständischen. Sie hatte »nur« 13 Prozent der Stimmen? Ja, da wäre Die Linke in diesem Lande überglücklich!
Im übrigen: Dass eine Partei mit 43 Prozent der Wählerstimmen mit nicht – wie hierzulande – durch Ausgleichsmandate ausgeglichenen Direktmandaten eine überwältigende Mehrheit im Parlament bekommt, ist ein weiteres Merkmal der »westlichen Demokratie«! (Siehe dazu auch die 50 Extramandate in Griechenland für die »Nea Demokratia« der Oligarchen!) Das sind alles so »glanzvolle Siege«, dass sie den Herrschenden noch um die Ohren fliegen könnten. Die Völker sind geduldig – aber nicht für immer.
War nicht die Beteiligung unter 50 Prozent der Wahlberechtigten bei der Wahl Maduros zum Präsidenten Venezuelas im Mai 2018 das wichtigste Argument des Westens, diese Wahl als ungültig zu bezeichnen? Obwohl dort keine einzige der auf Anraten Washingtons daran nicht teilnehmenden oppositionellen Parteien verboten war? Grund für rund 50 Länder, sofort nach dem 23. Januar dieses Jahres den selbsternannten »Interimspräsidenten« Guaidó anzuerkennen?
Es ist freilich spekulativ, ob oder ob nicht der Ausschluss der KPU von den Wahlen zu der geringen Beteiligung beigetragen hat. Da hat vielleicht doch ein beträchtlicher Teil der Wählerschaft begriffen: »Wenn Wahlen etwas ändern könnten, würden sie veboten.« Es ist durchaus daran zu zweifeln, dass, wie Lauterbach schrieb, sich »soziale Unzufriedenheit … heute eher faschistisch als sozialistisch« äußere; die Wahlergebnisse der »Radikalen Partei« (vier Prozent, kein Mandat) oder von »Swoboda« (2,5 Prozent, ein Direktmandat in Lwiw) – sprechen da eine andere Sprache! Die Unzufriedenheit blieb großenteils wohl eher unter der Oberfläche!
Oder aber sie äußerte sich (so jedenfalls bei den russischsprachigen Einwohnern des Ostens) in der Wahl der »Oppositionsplattform für das Leben«. Die hatte bei der Parlaments- wie bei der Präsidentenwahl in den – aus der Sicht der Volksrepubliken – »besetzten Gebieten« der Oblasti Donezk und Lugansk klar die Nase vorn, vor allem mit der Forderung nach sofortigem Frieden mit den Aufständischen. Sie hatte »nur« 13 Prozent der Stimmen? Ja, da wäre Die Linke in diesem Lande überglücklich!
Im übrigen: Dass eine Partei mit 43 Prozent der Wählerstimmen mit nicht – wie hierzulande – durch Ausgleichsmandate ausgeglichenen Direktmandaten eine überwältigende Mehrheit im Parlament bekommt, ist ein weiteres Merkmal der »westlichen Demokratie«! (Siehe dazu auch die 50 Extramandate in Griechenland für die »Nea Demokratia« der Oligarchen!) Das sind alles so »glanzvolle Siege«, dass sie den Herrschenden noch um die Ohren fliegen könnten. Die Völker sind geduldig – aber nicht für immer.
Veröffentlicht in der jungen Welt am 25.07.2019.