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Leserbriefe

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Leserbrief zum Artikel Wirtschaftsprognose: Die Rezessionsglocken läuten vom 12.06.2019:

Erkenntnisglocken schweigen

Ein »Konjunkturrückgang« ist ja, kritisch betrachtet, kein Vorgang von naturgegebener Bedeutung, vergleichbar etwa einem Erdbeben, sondern klimapolitisch eine dringend notwendige Voraussetzung. Oder glaubt vielleicht noch irgend jemand, wir hätten auch nur die geringste Chance auf Überleben bei Fortsetzung unseres bisherigen Konsumverhaltens? Jedoch gibt es da ein generelles systemisches Problem: Jede angedachte Maßnahme zur Verhinderung einer planetaren Klimakatastrophe ist nur insofern geeignet, wie sie zwingend auch die Systemfrage stellt. Unterlässt sie dieses aber, so wird sie in der praktischen Konsequenz immer nur neue Märkte für das Kapital – und damit neue und weitere Zerstörungen – hervorbringen. Die vom Kapitalismus verursachten ökologischen Verwüstungen mit noch mehr Kapitalismus reparieren zu wollen ist so erfolgreich, wie einen Großbrand mit Benzin zu löschen. Auffällig bei den in den Mainstreammedien inszenierten Scheindiskursen zu diesem Thema ist ferner die inhaltliche Reduzierung auf Technik und Wissenschaft sowie die nahezu völlige Ausblendung jeglicher gesellschaftspolitischen Überlegungen. Als ob wir unser destruktives Konsumverhalten einfach wie bisher ungebremst fortsetzen könnten, wenn wir lediglich ein wenig die »Technik« ändern. Und ausgerechnet und (nahezu) ausschließlich der Hauptverursacher (die Autoindustrie) soll diese Probleme (für uns) lösen. Wir brauchen dabei nichts weiter zu tun, als auch fernerhin ausschließlich und brav in unserer zugewiesenen Konsumentenrolle zu verbleiben und die heilige »Konjunktur« zu stützen. Freie Fahrt für freie Bürger! Höchste Zeit im Westen, vielleicht mal Konfuzius zu lesen und über das Verhältnis von Individuum und Kollektiv (neu) nachzudenken!
Reinhard Hopp