Leserbrief zum Artikel »Heftig, wie viel aufgefahren wird«: Armada gegen Russland
vom 08.06.2019:
Außer Kontext
Von hohem Wiedererkennungswert ist, das nicht Geschriebene in Kristian Stemmlers Aufmacher mitzulesen. Es zeigt sich, was die salbungsvollen Worte der westlichen Staats- und Regierungschefs bezüglich des Weltfriedens wert sind. Für wen und warum? dpa verschleiert die Stoßrichtung der kritisierten Manöver vor Russlands Haustür nicht. Sind die baltischen Staaten und Polen der Auffassung, eine Verschleierung sei nötig, oder ist das egal? Tobias Pflüger von Die Linke beklagt, dass geschichtliche Zusammenhänge keine Rolle mehr spielen, die Furcht, Russland könne die baltischen Staaten überfallen, kompletter Unsinn sei. Was ist Geschichte, was Gegenwart, was ist mit der russischen Übernahme der Krim, ist Russland heute die Sowjetunion 1941, wird ein demokratisches Mitspracherecht der Menschen in Erwägung gezogen? Kritik: Das immergleiche Argumentationsschema ist die tausendfach gelesene Imperialismuskritik heute, gegründet auf einen gesetzten historischen Bezug. Hier der Sieg der Roten Armee, meist ein Klassikerzitat, vorzugsweise aus dem Anti-Dühring. Die Widersprüche der Bewegung, die sich auf Marx berief und beruft, gehen in ihrer ganzen Tragik verloren und mit ihnen die Wirklichkeit. Fazit: noch viel in Bewegung zu bringen.
Veröffentlicht in der jungen Welt am 13.06.2019.