Leserbrief zum Artikel 75 Jahre D-Day: Weit weg vom Frieden
vom 06.06.2019:
Historische Einseitigkeit
Völlig zu Recht wird dieser Tage der opferreichen Landungsoperation der britischen und amerikanischen Streitkräfte in der Normandie gedacht, die damals in Frankreich die Befreiung der westlichen Teile Europas vom deutschen Nazifaschismus einleitete. Es war die größte militärische Landungsoperation in der Geschichte der Kriege. Ihr höchster Sinn galt der Versöhnung zwischen den Völkern – so wie von den an den Feierlichkeiten teilnehmenden höchsten staatlichen Repräsentanten Großbritanniens, Frankreichs, der USA und anderer Länder immer wieder beschworen. In diesem Sinne ließ sich auch die Einladung von Angela Merkel zu diesem Gedenken als Repräsentantin eines anderen Deutschlands als die damalige Feindmacht und existentielle Herausforderung für die Allierten verstehen.
Allerdings hätte wohl zu diesem feierlichen Anlass, zu dem ja Deutschland immerhin als eigentlicher Verursacher des damaligen kontinentalen Kriegselends eine Einladung erhalten hatte, ein weiterer Alliierter jener opferreichen Tage in die Runde geladen werden müssen: Russland. Bei allen heutigen Differenzen zwischen Russland und dem Westen kann jedoch kein Zweifel daran bestehen: Ohne die gewaltigen militärischen Vorleistungen der Sowjetarmee gegenüber der faschistischen Armee in Stalingrad und im Kursker Bogen, ja insgesamt die unfassbare Kriegsgeduld und Leidensfähigkeit der Sowjetvölker als entscheidende Voraussetzung zur Eröffnung der »zweiten Front« im Juni 1944 wäre der schwer erkämpfte Erfolg der Normandie-Landung kaum denkbar gewesen. Russland in diesem Kontext mit keinem Wort zu erwähnen manifestiert absichtsvolle Gechichtsvergessenheit (oder neues Journalistikverständnis?).
Auch die in den Massenmedien lässig gebrauchte Formel einer just und erst mit der D-Day-Operation einsetzenden Befreiung Europas von der deutschen Naziherrschaft atmet den Geist unverhüllter historischer Einseitigkeit.
Allerdings hätte wohl zu diesem feierlichen Anlass, zu dem ja Deutschland immerhin als eigentlicher Verursacher des damaligen kontinentalen Kriegselends eine Einladung erhalten hatte, ein weiterer Alliierter jener opferreichen Tage in die Runde geladen werden müssen: Russland. Bei allen heutigen Differenzen zwischen Russland und dem Westen kann jedoch kein Zweifel daran bestehen: Ohne die gewaltigen militärischen Vorleistungen der Sowjetarmee gegenüber der faschistischen Armee in Stalingrad und im Kursker Bogen, ja insgesamt die unfassbare Kriegsgeduld und Leidensfähigkeit der Sowjetvölker als entscheidende Voraussetzung zur Eröffnung der »zweiten Front« im Juni 1944 wäre der schwer erkämpfte Erfolg der Normandie-Landung kaum denkbar gewesen. Russland in diesem Kontext mit keinem Wort zu erwähnen manifestiert absichtsvolle Gechichtsvergessenheit (oder neues Journalistikverständnis?).
Auch die in den Massenmedien lässig gebrauchte Formel einer just und erst mit der D-Day-Operation einsetzenden Befreiung Europas von der deutschen Naziherrschaft atmet den Geist unverhüllter historischer Einseitigkeit.
Veröffentlicht in der jungen Welt am 07.06.2019.