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Leserbrief zum Artikel Kommentar: Verdinglichter Fetisch vom 20.05.2019:

Infamer Vergleich

Der Vergleich der BDS-Kampagne mit dem Boykott jüdischer Geschäfte im faschistischen Deutschland, den die Bundestagsmehrheit in ihrem Beschluss vom 15. Mai zieht, ist ebenso grotesk wie infam. Für die Abgeordneten weckt die BDS-Kampagne »unweigerlich Assoziationen zu der NS-Parole ›Kauft nicht bei Juden!‹« (Bundestagsdrucksache 19/10191). Sie erklären allen Ernstes, BDS erinnere »an die schrecklichste Phase der deutschen Geschichte«. Man muss sich vor Augen halten: Damals wurden einfache Bürger mit ihren Familien, Angehörige einer entrechteten Minderheit, in ihrer Existenz bedroht. Ihre Entrechtung diente der Vorbereitung des Völkermords. Mit der BDS-Kampagne versuchen Angehörige einer machtlosen und rechtlosen nationalen Minderheit und ihre Unterstützer, einen mächtigen und zusätzlich von der Supermacht USA gestützten Staat zur Einhaltung von menschenrechtlichen und völkerrechtlichen Normen zu bewegen. Der verrückte Vergleich dient wie die ganze bundesdeutsche Politik gegenüber israelischen Regierungen dazu, die historische Schuld abzuschütteln, sich die Absolution zu holen. Kein Gedanke daran, dass sich die Geschichte wiederholt. So wie damals wird heute eine Minderheit von der internationalen Gemeinschaft allein gelassen. Die erweiterte Definition von Antisemitismus liefert jede Kritik an Israels Politik der Zensur aus. Kein Wunder, dass sich damit nun Antisemitismus unter Muslimen ausmachen lässt. Den anzuprangern oder gar dem Islam eine antisemitische Tendenz zu attestieren, ist eine neue Strategie der Entlastung und Schuldverschiebung. Unsere Väter mögen mörderische Antisemiten gewesen sein, so die Botschaft, aber heute sind wir im Gegensatz zu vielen Muslimen frei davon.
Prof. Georg Auernheimer, Traunstein
Veröffentlicht in der jungen Welt am 25.05.2019.
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