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Leserbrief zum Artikel Kommentar: Nüchtern bleiben vom 09.04.2019:

Verfassungsdebatte tut not

Die Berliner Kampagne zur Enteignung des Wohnungsgroßkonzernes »Deutsche Wohnen« und die in die Zehntausende gehenden Mieterdemonstrationen für bezahlbares Wohnen in den Ballungszentren der deutschen Republik entfalten eine so große Wirkung und Dynamik, dass sogar der ausgesprochen gemäßigte Grünen-Vorsitzende Habeck der »Enteignung« und der »Vergesellschaftung«, die Artikel 14 und 15 Grundgesetz ermöglichen, Sinn abgewinnen kann. Zu sehr wird das Menschenrecht auf würdiges und bezahlbares Wohnen für die vielen  Nichtbegünstigten im realen Kapitalismus mit Füßen getreten, so dass auch die Partei Die Linke deshalb die »Eigentumsfrage« verstärkt stellen möchte.
Der Gebrauch des Eigentums soll dem »Wohle der Allgemeinheit dienen«, bestimmt Artikel 14 Absatz 2 Grundgesetz. Schon Artikel 14 Absatz 3 Grundgesetz setzt fest: »Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig«, und das nicht entschädigungslos. – Klar ist aufgrund der grundgesetzlichen Bestimmungen jedoch, dass die Enteignungsentschädigung immer wesentlich geringer sein darf als der heute spekulationsbedingt stark überhöhte »Marktwert« der Objekte, da sonst der eigentliche Sinn der Enteignungsmaßnahme notwendig verfehlt würde. Darum wird der politische Kampf auch zu führen sein. –  Artikel 15 Grundgesetz setzt fest, dass »Grund und Boden (...) zum Zwecke der Vergesellschaftung durch ein Gesetz (...) in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft überführt werden (können)«. Dafür lohnt es sich zu kämpfen.
So wird durch das Grundgesetz – auch heute noch immer – die Möglichkeit zu legaler Transformation der sozialökonomischen Basis in Richtung auf eine sozialistische Gesellschaft garantiert. – Das fürchten zu recht die Parteigänger des liberalkonservativen Spektrums und warnen deshalb vor den berechtigten Forderungen der Mieterbewegung und verleiht den Akteuren der Befürwortung der Enteignung und Vergesellschaftung zum »Wohle der Allgemeinheit« eine ausgesprochen starke Rechtsposition, zu deren Umsetzung ein langer Atem und eine breite Unterstützung links der Mitte notwendig sind.
»Nüchtern bleiben« richtet sich auch als Aufforderung an jW-Kommentator Nico Popp, dem die Lektüre von »Das Grundgesetz« des marxistischen Verfassungsrechtlers und »Partisanenprofessors« Wolfgang Abendroth sehr zur Lektüre empfohlen sei. Eine linke Verfassungsdebatte im 70. Jahr des Grundgesetzes tut not und hülfe weiter!
Thomas Ewald-Wehner, Nidderau (Hessen)
Veröffentlicht in der jungen Welt am 10.04.2019.
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