Uneinsichtige nicht vergessen
Die Analyse der Selbstreflexion der Milliardärsfamilie Reimann greift zu kurz. Zum einen gehört, auch wenn die eigentlichen Protagonisten der NS-Zeit längst tot sind, doch ein wenig Mut dazu, wenn deren Nachfahren mit der bisherigen Praxis brechen und sich offen zu der Schuld bekennen, die auf ihrem sehr reichen Erbe lastet. Zum anderen darf der aufgedeckte Fall nicht davon ablenken, dass es in Deutschland immer noch ebenfalls nicht wenige Konzerne gibt, die sich bis heute nicht ausreichend ihrer historischen Verantwortung stellen und deren Protagonisten trotzdem ein hohes gesellschaftliches Ansehen genießen, wie etwa bei einer sehr bekannten norddeutschen Logistikfirma (Kühne und Nagel) mit Sitz in Hamburg und Bremen, wo zwischen 1933 und 1945 sogar »Judenauktionen« stattgefunden haben. Deshalb sollte man das Augenmerk eher auf diejenigen Akteure richten, die noch keine Einsicht zeigen, wenn man die Gesellschaft zum Besseren verändern will, die so gerne von sich behauptet, angeblich Weltmeister bei der Geschichtsaufarbeitung zu sein!
Rasmus Ph. Helt, Hamburg
Veröffentlicht in der jungen Welt am 28.03.2019.