Jetzt zwei Wochen gratis testen.
Gegründet 1947 Freitag, 19. April 2024, Nr. 92
Die junge Welt wird von 2767 GenossInnen herausgegeben
Jetzt zwei Wochen gratis testen. Jetzt zwei Wochen gratis testen.
Jetzt zwei Wochen gratis testen.

Leserbriefe

Liebe Leserin, lieber Leser!

Bitte beachten Sie, dass Leserbriefe keine redaktionelle Meinungsäußerung darstellen. Die Redaktion behält sich vor, Leserbriefe zur Veröffentlichung auszuwählen und zu kürzen. Leserbriefe sollten eine Länge von 2000 Zeichen (etwa 390 Wörter) nicht überschreiten. Kürzere Briefe haben größere Chancen, veröffentlicht zu werden. Bitte achten Sie auch darauf, dass sich Leserbriefe mit konkreten Inhalten der Zeitung auseinandersetzen sollten. Ein Hinweis auf den Anlass Ihres Briefes sollte am Anfang vermerkt sein (Schlagzeile und Erscheinungsdatum des betreffenden Artikels bzw. Interviews). Online finden Sie unter jedem Artikel einen Link »Leserbrief schreiben«.

Leserbrief zum Artikel Besteuerung von Immobilieneigentum: »Vermögende werden viel zu gering besteuert« vom 22.03.2019:

Größte Priorität

Sowohl dem Interviewer als auch dem Referenten für »Steuergerechtigkeit« ist zu widersprechen – die Vermögenssteuer und auch das Vermögenssteuergesetz sind nach wie vor nicht »abgeschafft«. Die Vermögensteuer wird seit über zwei Jahrzehnten »nicht erhoben«, was eine »stille« Subvention der wirklich Reichen mindestens in Höhe von über 100 Milliarden Euro darstellt. Das Vermögenssteuergesetz ist ein voll gültiges Bundesgesetz, das nicht angewendet wird. Das hat mit der (verfassungswidrigen) Ungleichbehandlung der Vermögensarten zu tun. Das »Grundvermögen« wurde real lediglich mit einem 1/6 bis zu 1/8 des tatsächlichen Wertes in Ansatz gebracht; wohingegen z. B. Barvermögen zum Nennwert berücksichtigt wurde.
Auch die »rot-grüne« Bundesregierung und auch alle anderen Bundesregierungen haben zwischenzeitlich das Vermögensteuergesetz nicht grundgesetzkonform ausgestaltet. – Eine große Ungerechtigkeit und ein grundgesetzlich unhaltbarer Zustand! – Das Vermögensteuergesetz müsste heute stark angepasst werden, weil die Werte (»D-Mark« und zu geringe Freibeträge etc.) den heutigen Verhältnissen nicht mehr entsprechen. Zur Bewertung des »Grundvermögens« hält das Bewertungsgesetz für heutige Zwecke der Erbschafts- und Schenkungssteuer einen an die heutigen »Verkehrswerte« der Objekte angepasste Preisermittlung vor. – Warum diese Regelung nicht für vermögensteuerliche Zwecke übernehmen; das wäre eine Wertermittlung, die anlassbezogen (!) für die Erhebung der Vermögensteuer bedeutsam ist?
Grundsteuer und Vermögensteuer sind für mich »zwei paar Schuhe«. Die Grundsteuer ist für die Gemeinden und deren »Hebesatz-Hoheit« ein wichtiges Instrument kommunaler Selbstverwaltung. Wie die Vermögenssteuer (vom Ertrag her ist die Vermögenssteuer eine »Landessteuer«) auch ist sie in ihrer Erhebung »sozialstaatlich« auszuformen. Der »wirtschaftlich Stärkere« ist höher zu belasten! Im Rahmen der Vermögenssteuer konnten die Schulden wertmindernd (gleich steuermindernd) berücksichtigt werden. Schulden im Kontext der Grundsteuererhebung spielen hingegen gar keine Rolle. – Grundsteuer wird von vielen Millionen Eigenheimbesitzern gezahlt. Für Mieter ist sie heute Teil der »2. Miete«. Putzig ist die SPD-Forderung, die Grundsteuer nicht mehr umlegen zu dürfen, da eine »Einpreisungsmöglichkeit« über die »1. Miete« für Vermieter als Ausweg beschritten werden könnte.
Die Wiedererhebung der Vermögensteuer für wirklich Reiche und eine stringent durchgeführte Besteuerung der großbetrieblichen Einheiten (Google, Amazon, Deutsche Bank, »Rheinmetall« etc.) würden den Druck aus der Grundsteuerbesteuerung der Gemeinden nehmen, weil dann Bund und Land in der Lage wären, die Kommunen/Gemeinden adäquat finanziell auszustatten, damit diese vernünftige Sozialleistungen erbringen können. Und natürlich: Die Bewertung des Grundbesitzes für Grundsteuerzwecke sollte einfach und gerecht neu organisiert werden. Aber größte Priorität hätte für mich die Wiedererhebung der Vermögenssteuer! Da gibt es auch für Linke viel zu tun.
Thomas Ewald-Wehner, Nidderau (Hessen)
Veröffentlicht in der jungen Welt am 26.03.2019.