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Leserbriefe

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Leserbrief zum Artikel Resitenza: Zeichen der Stärke vom 23.02.2019:

Um Früchte betrogen

Auf der Seite 15 in der Ausgabe Nr. 46 habe ich den Artikel von Gerhard Feldbauer mit Interesse gelesen. Er behandelt die Einheitsfrontpolitik der IKP vor 75 Jahren. Ein Thema, das aktuell ist. Die »Wende von Salerno« – italienisch Svolta di Salerno – beschäftigt heute noch viele Geschichtsinteressierte und Leute, die sich gegen die Aufrüstungspolitik und wachsende Kriegsgefahr wenden.
Das Vorgehen war mit der sowjetischen Führung um Stalin abgesprochen. Die Kommunistische Internationale war aufgelöst, trotzdem wurde Dimitroff als ehemaliger Sekretär der KI mit einbezogen in diese neue Art der Einheitsfrontpolitik im Westen. Unter der Regie der imperialistischen Staaten musste eine andere Politik betrieben werden, da diese ebenfalls Bündnispartner in der Antihitlerkoalition waren.
Im Wesentlichen bestand sie aus aus drei Elementen:
1.) Die antifaschistische Einheitsfront der italienischen Arbeiter und Bauern.
2.) Die Zusammenarbeit mit den antifaschistsichen Oppositionsparteien sowie im CLN
(Comitato di Liberatione Nationale)
3.) Beteiligung am Befreiungskampf gegen die faschistischen Achsenmächte.
Durch die Beteiligung an der ehemalig faschistischen Regierung Badoglio im April 1944 im befreiten Süditalien setzte die Parteiführung der IKP diese Politik um.
Das politische Umfeld für eine gesellschaftliche Veränderung war günstig. Die Sowjetarmee war auf dem Vormarsch, die deutsch-italienische Armee in Nordafrika unter der Leitung von General Rommel war geschlagen. In Griechenland waren die Partisanen in der Offensive. Die Antikommunisten und Reaktionäre kamen immer mehr in die Defensive. Unter diesen Umständen musste die italienische Bourgeoisie die größten Anstrengungen machen, um das Kleinbürgertum und die Bauernschaft für sich zu gewinnen. Sie wollten auch auf das Proletariat und die kommunistische Partei ihren Einfluss ausüben. Sie war mit aller Kraft bemüht, die ideologische, politische und organisatorische Unabhängigkeit des Proletariats und die Kommunistische Partei zu unterhöhlen und zum Anhängsel der Bourgeoisie und ihrer Parteien umzuwandeln.
Für Palmiro Togliatti und die Parteiführung der IKP war es eine enorme Herausforderung, in dieser Situation taktisch geschickt vorzugehen, um den Widerstand einerseits zu stärken und die Führung zu übernehmen. Als entscheidendes Element galt es die IKP zu stärken.
Es mussten Bedingungen geschaffen werden, um die Einheitsfront zu entwickeln und sich gegen die Besatzung der Alliierten zu rüsten (hauptsächlich Engländer und US-Amerikaner).
Gleichzeitig musste die IKP darauf achten, dass alle in der Einheitsfront zusammengefassten Parteien und Gruppen ihre ideologische, politische und organisatorische Selbständigkeit bewahren konnten.
Das Fehlen der Kommunistischen Internationale brachte die IKP dazu, dass sie sich von den Erfahrungen und dem Meinungsaustausch der anderen Kommunistischen Parteien entfernte und eine eigene Politik der Auslandsbeziehungen z. B. nach Jugoslawien entwickelte.
So wurde allmählich aus dem taktisch geschickten Eintritt in die Regierung Badoglio eine strategische Ausrichtung mit der Konzeption des »italienischen Weges zum Sozialismus«. Um die richtige Bewertung gibt es heute noch nach 75 Jahren unterschiedliche Auffassungen und Schlussfolgerungen.
Tatsache ist, dass die IKP mit ihrer Bündnispolitik im Rahmen des bürgerlichen Parlamentarismus vollkommen gescheitert ist. Die im März 1944 in den Streik getretenen Hunderttausenden Arbeiter als »Zeichen der Stärke« zu sehen war nur vorübergehend. Sie wurden um die Früchte ihres Kampfes gegen Krieg und Besatzung betrogen.
Jürgen Hänsel, Böblingen
Veröffentlicht in der jungen Welt am 05.03.2019.