Gegründet 1947 Donnerstag, 25. April 2024, Nr. 97
Die junge Welt wird von 2751 GenossInnen herausgegeben

Leserbriefe

Liebe Leserin, lieber Leser!

Bitte beachten Sie, dass Leserbriefe keine redaktionelle Meinungsäußerung darstellen. Die Redaktion behält sich vor, Leserbriefe zur Veröffentlichung auszuwählen und zu kürzen. Leserbriefe sollten eine Länge von 2000 Zeichen (etwa 390 Wörter) nicht überschreiten. Kürzere Briefe haben größere Chancen, veröffentlicht zu werden. Bitte achten Sie auch darauf, dass sich Leserbriefe mit konkreten Inhalten der Zeitung auseinandersetzen sollten. Ein Hinweis auf den Anlass Ihres Briefes sollte am Anfang vermerkt sein (Schlagzeile und Erscheinungsdatum des betreffenden Artikels bzw. Interviews). Online finden Sie unter jedem Artikel einen Link »Leserbrief schreiben«.

Leserbrief zum Artikel 100 Jahre Ende des 1. Weltkriegs: Kriegstreiber feiern Frieden vom 12.11.2018:

Der wahre Schuldige bleibt ungenannt

Die meisten Massenmedien stellen zu ihren Berichten über die (erste) bedingungslose Kapitulation Deutschlands 1918 die jeweiligen Träger des Staatsappartes in den Vordergrund. Träger aller Kriege seit weit über einhundert Jahren war und ist jedoch das noch heute existierende kapitalistische Gesellschaftssystem, ohne dessen finanzielle und wirtschaftliche Kraft die politischen und staatlichen Machtinstrumente sowie materiellen Voraussetzungen für die Kriegführung nicht möglich sind. Kriege sind objektiv Bestandteile des kapitalistischen Ausbeutungssystems, weil sie in riesigem Umfang Maximalprofit, Machterweiterung und Niederwerfung von Konkurrenten ermöglichen. Die kapitalistischen Massenmedien stellen deshalb die – real ja sichtbar tätigen – Armeen und deren kapitaltreue Heerführer wie Hindenburg und Hitler in den Vordergrund. So hat ZDF Info z. B. 2014 in nur vier Monaten 109 Sendungen gebracht, bei denen Hitler im Titel steht. Insgesamt sind es in den letzten 30 Jahren viele tausend Sendungen. Das führt dazu, dass sich in Deutschland das Volk nicht aufregt, wenn Frau Merkel für eine weitere große Armee in Europa wirbt, obwohl das Volk in zwei Weltkriegen die Aufrüstung mit dem Leben bezahlen musste.
Deshalb sind der Aufstand gegen den Kohlebergbau oder eine Demonstration »Unteilbar« oder »Aufstehen« für das Kapital voll erträglich, ja sogar ein Aushängeschild für seine Menschlichkeit, weil sie das System unangetastet lassen. Selbst der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte verurteilt ja niemals das Kapital wegen der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen, nicht die Rüstungsproduktion als Produktion von Mordwerkzeugen oder gar die Regierungen, die andere Völker unter Bruch des Völkerrechts durch Kriege und Hunger vernichten, wie in Libyen, Syrien usw. Verschwiegen wird dem deutschen Volk die vom noch heute existierenden deutschen kapitalistischen System unter Bruch des Völkerrechts 1915 zwischen Belgien und Holland errichtete, über 300 km lange Mauer, bestehend aus einer Grenzbefestigung aus Eisen, Stahl, Strom und bewaffneten Grenzposten. Auf diesem Todesstreifen sind in nur drei Jahren bis zu 3.000 Menschen umgebracht worden. Der Berliner Mauerverein hat dort jedoch keine Kränze niedergelegt.
Kriege wurden und werden von den kapitalistischen Staaten auch nach 1945 weiter geführt. Gezählt wurden in der zweiten Jahrhunderthälfte über 80 Kriege kapitalistischer Staaten, an denen teilweise die BRD zumindest indirekt beteiligt war, wie beim Krieg gegen Vietnam mit über zwei Millionen Toten, und direkt gegen Jugoslawien. Das wird auch so weitergehen.
Zahlreich sind Phantasien, wie nun Frieden erreicht werden soll. Völlig verschwiegen wird die Tatsache, dass die Lösung mit der Existenz der DDR bereits erfolgreich erprobt worden ist. Dazu gab es in den letzten 30 Jahren ebenfalls viele tausend Sendungen des BRD-Fernsehens gegen die DDR, darunter z. B. auf ZDF Info im Zeitraum von vier Monaten 99 Sendungen. Selbst linke Parteien und Organisationen kämpfen mit allen Mitteln um die Unterdrückung dieser historischen Realität. In der DDR waren die sozialökonomischen und politischen Voraussetzungen für Kriege sozusagen von Natur aus nicht mehr vorhanden. Das ist ein Verdienst an Menschlichkeit, der heute die einzige reale Möglichkeit für den Frieden der Welt darstellt.
Gerhard Ulbrich
Veröffentlicht in der jungen Welt am 17.11.2018.
Weitere Leserbriefe zu diesem Artikel:
  • Falscher Kurs

    Hurra, hurra – einer spannungsreichen Zukunft entgegen! Die wenigsten der über 70 Staatsoberhäupter, die am vorigen Wochenende in Paris des Endes des Ersten Weltkrieges vor hundert Jahren mit seinen 1...
    Prof. Gregor Putensen, Greifswald
  • Abrüsten statt aufrüsten

    Bis zum Erbrechen hören und lesen wir in diesen Tagen die salbungsvollen Worte aus Paris gegen »Isolationismus und Nationalismus«, als seien das die Ursachen des Ersten oder gar auch des Zweiten Weltk...
    Volker Wirth, Berlin
  • Übertrieben?

    Das ist interessant: Wie kommt die Redaktion auf die Idee, die Gesichter Merkels, Macrons und Trumps mit der Überschrift »Kriegstreiber feiern Frieden« zu versehen? Man muss die Damen und Herren nicht...
    Stefan Schrader
  • Krokodilstränen

    Merken unsere zu Staatenlenkern aufgeblasenen Zauberlehrlinge, die jetzt wieder auf den Soldatenfriedhöfen Europas Krokodilstränen vergießen, überhaupt nicht, wie sehr sie und ihre Politik der ihrer k...
    Ludwig Schönenbach
  • Der ewige Frieden

    Nun freut man sich: Laut Treffen der Großen in Paris und der Berichterstattung gibt es ab sofort keine Gründe mehr, die Friedensbewegung weiter zu entfachen. Anlässlich 100 Jahren Ende des Ersten Welt...
    Harry Popow
  • Beruhigendes Signal

    Die SPD und die die Grünen haben sich für das Zwei-Prozent-Ziel der NATO ausgesprochen auf ihren Tagungen am Wochenende und den Herrschenden ein beruhigendes Signal gesendet....
    Ilse