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Leserbrief zum Artikel Staatsbesuch: An Russland vorbei vom 25.08.2018:

Todesspirale beenden

Wenn die deutsche Bundeskanzlerin in den Südkaukasus eilt, dürften neben politischen auch wirtschaftliche Motive eine Rolle spielen. Zum Sightseeing in Tiflis oder Baku blieb da wohl wenig Zeit. Aufträge für die deutsche Waffenindustrie versprach man sich, Pipelineverhandlungen und anderes mehr. Anbindung an Deutschland, die kommende Großmacht. Baku war schon für Hitler interessant. Damals ging es ums Erdöl. Der Plan scheiterte, doch der Südkaukasus blieb über die Jahrzehnte hinweg Einflussgebiet deutscher Außenpolitik, wie könnte es auch anders sein. Deutschland betreibt aktive Kolonialpolitik, wo immer es möglich ist. Und Waffenexportversprechen gehören dazu. Die deutsche Wirtschaft blüht auf den Ruinen und den Toten der aktuellen und künftigen Kriege. Frei nach Gauland: Wieder stolz sollten wir sein. Auf was denn? Auf unsere Unmenschlichkeit, die wir kaum verhehlen, aber zu kaschieren versuchen mit Büchern zum Thema, deutsche Soldaten hätten in Afghanistan nicht nur Unmenschliches geleistet, sondern auch »Positives«. Welch eine zynische Doppelmoral.
Wenn dem ehemaligen deutschen Kanzler Kohl in neueren Publikationen eine friedensstiftende und friedenserhaltende Rolle zugeschrieben wird, grenzt das an unverfrorene Manipulation. Deutschland war zu Zeiten der Kohl-Regierung die Drehscheibe des Waffenhandels, nachzulesen bei Walter Bolsiger. Parteispenden ermöglichten es, die Politik in die gewünschte Richtung zu schieben. Deutschland war und ist international keine Ausnahme. Die Barschel-Affäre lief unter der Regierung Kohl. Kohl selbst stellte den Antrag im Bundestag, den Krieg gegen Jugoslawien zu führen, und das, nachdem seine Amtszeit zu Ende war. Im Zeitraum, in dem er die Regierung noch interim führte. Man sollte sich natürlich nicht auf Kohl oder die CDU einschießen, er ist einer unter vielen. Aber einem Personenkult Vorschub leisten für aktuelle politische Ziele geht auch nicht an.
Leider ist auch die Schweiz vom Virus der Waffenexporte betroffen. Kriegsmaterialausfuhrbestimmungen werden gelockert. Damit verliert die Schweiz das neutrale, humanitäre Ansehen in der Welt. Dessen sollte sich der Bundesrat bewusst gewesen sein. Doch dieses Argument zählte nicht. Wir sind moralisch aufgerufen, der Todesspirale ein Ende zu setzen und die Wahrheit zu benennen.
Dr. Barbara Hug, Tobel/Schweiz
Veröffentlicht in der jungen Welt am 28.08.2018.
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