Leserbrief zum Artikel Schlagworte: Rotlicht: Muße
vom 01.08.2018:
Recht auf Faulheit
Die Ausführungen von Daniel Bratanovic sind sicherlich für die Leserschaft erhellend und aufklärend. Aber mit Verwunderung habe ich zur Kenntnis genommen, dass die Schrift von Paul Lafargue »Das Recht auf Faulheit« in diesem Zusammenhang nicht erwähnt wird. In dieser Schrift kritisiert Lafargue, dass sich das Proletariat dem modernen »Dogma von der Arbeit« unterworfen habe. Er spricht auch vom »Kult« um die Arbeit, was quasi einer säkularen Religion gleichkomme. Mit dieser Kritik an einer arbeitspuritanischen Moral hat er vor allem den Kult um die Arbeit in der damaligen sozialdemokratischen Arbeiterbewegung gemeint. Dementsprechend groß war auch die Empörung, als die deutsche Ausgabe 1891 als Feuilleton im »Sozialdemokrat« veröffentlicht wurde. Leider sollte dieser Kult (»Liebe zur Arbeit«) dann in der Sowjetunion Stalins, aber auch in der jungen DDR neue Höhepunkte erreichen. Und an unserer heutigen Arbeitsmoral bzw. an unserem Arbeitsbewusstsein im Zeitalter der »Selbstoptimierung« hat sich nicht viel geändert – auch bei vielen Marxisten nicht (oder?)! Für die jW-Leserschaft möchte ich als Diskussionsgrundlage das schmale Bändchen »Stephan Lessenich zu Paul Lafargue, ›Das Recht auf Faulheit‹« (2015 im Laika-Verlag erschienen) empfehlen.
Veröffentlicht in der jungen Welt am 07.08.2018.