Leserbrief zum Artikel Kommentar: Methode und Tradition
vom 12.07.2018:
Unrühmliches Kapitel
Zu einem der unrühmlichsten Kapitel der von Arnold Schölzel anlässlich des NSU-Prozess-Endes beleuchteten BRD-Justizgeschichte gehört sicherlich das von ihm erwähnte verfassungswidrige KPD-Verbot von 1956. Anders als dargestellt, war dieses Verbot meiner Meinung nach allerdings nicht nötig, damit ein NS-Schreibtischtäter Hans Globke weiter im Bundeskanzleramt der höchste Beamte der BRD bleiben konnte. Dazu trug schon genug das restaurative Zeitklima bei, in dem selbst der Chef der Nürnberger Anklage gegen die NS-Ministerialbürokraten, Robert Kempner, diesem brauen Staatsdiener nachträglich einen Persilschein ausstellte. Ausgerechnet die westdeutschen Kommunisten waren es aber, die auf Stalins Geheiß mit am frühesten entsprechend der Adenauerschen Devise »mit der Naziriecherei Schluss machen« mussten. »Trotz schwerer Bedenken«, wie parteioffiziell verlautbart wurde, stimmte die KPD-Bundestagsfraktion so 1951 in trauter Eintracht mit den Regierungsparteien und der SPD-Opposition einer Grundgesetzänderung zur Wiedereinstellung von Nazibeamten wie Globke in westdeutschen Behörden zu. Entsprechend erklärte Stalin in seiner berühmten Note vom 10. März 1952 dann auch offiziell die früher so hochgehaltenen Potsdamer Vereinbarungen zur Entnazifizierung und Entmilitarisierung des besetzten Reichsgebietes zur Makulatur. Was wohl ein Fritz Bauer dazu gesagt hätte?
Veröffentlicht in der jungen Welt am 14.07.2018.