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Leserbrief zum Artikel Kommentar: Sammeln – aber wen? vom 11.06.2018:

Sammeln und Kräftemessen

Seit nahezu 30 Jahren haben wir schon viel erlebt und erfahren dürfen beim Ankommen einer Linkspartei in der Realität des Kapitalismus. Je nach Sichtweise ist das bestens gelungen, was der Leipziger Parteitag wieder einmal deutlich gemacht hat. Es ist ein Trauerspiel und beschämend für jeden, der Jahre oder ein fast ganzes Leben für linke Ideale gelebt hat, daran glaubt und davon überzeugt ist. Es sollte nicht mit politischer Kultur verwechselt werden, nicht wie gern als harte Auseinandersetzung oder gar demokratischer Streit um die Sache abgetan werden. Warum wir unter Linken unbedingt so modern sein wollen und müssen, Politik überzogen und wesentlich auf Persönlichkeiten beziehen, nicht die Persönlichkeit in den Zusammenhang politischer Verhältnisse, Interessen, Denkweisen und dieser bürgerlich-kapitalistischen Bedingungen, in nationalem wie internationalem Rahmen vor sich gehender Veränderungen und Kräfteverhältnisse, der mehr und mehr drohenden Gefahren für Menschheit und Welt stellen, daran wirklich alternative Politik für die Menschen entwickeln, das befremdet immer mehr. Die politischen Gegner suhlen sich genüsslich in jeder persönlich feindseligen Spiegelfechterei der Linken. Bessere Vorlagen können ihnen nicht gegeben werden, (…) die ganze Linke vor Wählern und Bevölkerung als unwählbar erscheinen zu lassen. Schlimmer noch, der unsägliche Streit wird zu alldem auch noch mit einem Asyl- und Menschenrechtsthema, mit (…) Diffamierung religiöser Menschen, mit Kriminalisierung von Millionen Menschen bei zunehmenden rassistisch-faschistischen Erscheinungen geführt. Was sammelt sich in der Linken, und was gibt es noch an Kräften zu messen, und ist es nicht nur noch reine Rechthaberei persönlicher Egos? Es gibt sicher keine Patentrezepte. Irrtümer und Fehler sind ebenso normal. Was erklärt, warum an und um Kipping/Wagenknecht ein solches Gefecht geführt werden muss? Eine Seite streitet für offene Grenzen, die andere Seite tritt dafür ein, Asyl und Migration (…) linkspolitisch zu beeinflussen (…). Was ist das Problem? Wer einfach nur sagt, Grenzen für alle und jeden sind offen, der muss dennoch dann das Wie erklären, warum niemand Sorgen und Ängste haben muss, wie eine Linke mit wem die Probleme von Asyl und Migration im Kapitalismus im Interesse der Menschen und Flüchtlinge lösen kann. Könnte es nicht sein, dass viele in der linken Ankommerpartei noch immer von der Idee und Überzeugung getragen sind, es gehe wirklich dieser Gesellschaft um Menschenrechte, Demokratie und Freiheit? Nur im naivsten Glauben daran, daran, diese Gesellschaft nur gestalten zu müssen, ist der Streit erklärbar. Im Grunde genommen bringt eine Wagenknecht in ihrer Position nur klar zum Ausdruck, dass Menschenrechte, Demokratie und Freiheit nie die über allem stehenden Werte waren und sind, sich Linke nicht in Illusionen begeben können, die historisch wie täglich bewiesen werden. Wir müssen mit Wagenknecht nicht in jeder Frage einig sein, aber Asylrecht nach unserem Verständnis, humanistisch, menschlich, solidarisch, das ist für Kapitalismus ein Unding. Jedes Menschen- und Asylrecht muss von einer Linken nach ganz anderem ökonomischen und politischem Verständnis gesehen und verwirklicht werden. Sammeln gegen Kapital-Krise-Krieg, was bleibt anderes in gegenwärtiger Situation? Asyl- und Menschenrechtsarbeit kann nichts anderes sein.
Roland Winkler
Veröffentlicht in der jungen Welt am 16.06.2018.
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