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Leserbriefe

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Leserbrief zum Artikel Festung Europa: Große Heuchelei vom 13.06.2018:

Recht mit Füßen getreten

Die Nachricht, dass (fast) täglich Flüchtlinge im Mittelmeer ertrinken, ist inzwischen aus den Schlagzeilen der Medien verschwunden, andere Ereignisse werden als »aktueller« eingestuft. Ich lese heute: »Hunderte Flüchtlinge sind in diesem Jahr bereits im Mittelmeer ums Leben gekommen.« Jeden Tag ertrinken Menschen. Schon vor Jahren lautete der anklagende Buchtitel des bekannten Schweizer Autors Jean Ziegler: »Wir lassen sie ertrinken«. Doch die EU ist weniger an Rettung als an »Rückführung« interessiert. Sie arbeitet mit der libyschen Küstenwache zusammen, wohl wissend, dass diese »Küstenwache« Rettungsaktionen behindert, private Rettungsschiffe bedroht und zur Umkehr zwingt. Freiwillige der NGOs (Nichtregierungsorganisationen) sind auf eigene Kosten und Gefahr unterwegs, um Menschen zu retten, die in schadhaften Booten oder gar in Lebensgefahr im Meer treiben. Die libysche Küstenwache hat den Auftrag, sie zurückzubringen nach Libyen in Asylgefängnisse, die laut EU-Kommissionspräsident Juncker »Konzentrationslagern« ähneln. Oder sie werden in Länder zurückgeführt, in denen Folter und Exekution an der Tagesordnung sind. Rund 46,3 Millionen Dollar lässt sich die EU die »Hilfe« der Libyer kosten. Die EU, d. h. auch die Bundesregierung, macht sich dabei eines Verbrechens schuldig. Rettungsversuche werden kriminalisiert und immer gefährlicher. Trotzdem sind private Organisationen wie »Ärzte ohne Grenzen«, SOS Méditerranée, Sea-Watch und Sea-Eye ständig im Mittelmeer unterwegs, um Menschenleben zu retten. Doch auch die zentrale Seenotrettungsstelle in Rom MRCC, die die Rettungsaktionen koordinieren soll, leitet diese in EU-Gehorsam häufig an die libysche Küstenwache weiter. Unter dem fadenscheinigen Vorwand, mit Schleusern zusammenzuarbeiten, wurde vor nicht langer Zeit ein Rettungsschiff in Italien festgehalten, jetzt sogar dort nicht aufgenommen. Die deutsche Bundeskanzlerin sollte sich mit Anmahnungen der »Menschenrechte« bei ihren Besuchen in andere Länder zurückhalten, solange in der BRD, dem stärksten EU-Land, das fundamentale Recht auf Leben in der Asylpolitik mit Füßen getreten wird.
Eva Ruppert, Bad Homburg
Veröffentlicht in der jungen Welt am 14.06.2018.