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Leserbrief zum Artikel Kommentar: Imperiale Interessen vom 16.04.2018:

Vergessene Parallele Sudan

Es ist pervers und widerlich, mitansehen zu müssen, wie die alten und neuen Regierungen sowie die politischen Führer dieser durchgeknallten US-Amerikaner so ziemlich alle (internationalen) Gesetze inklusive des Völkerrechts mit Füßen treten und in den immer platter werdendenMainstreammedien dafür nicht einmal ansatzweise verurteilt werden, sondern stellenweise auch noch, wie von westlichen politischen Speichelleckern auch, bejubelt werden. Nicht auszudenken, wenn der »böse Russe« auf den Raketenangriff auf einen souveränen Staat nicht besonnen reagiert hätte (…). Warum sollte Assad so verrückt sein und kurz vor einem Sieg in Ostghuta die eigene Bevölkerung mit Giftgas angreifen? Sie lügen wirklich wie gedruckt, dass ist eine der verlässlichsten Größen der meisten westlichen Politiker in den letzten Jahrzehnten. Und im Inszenieren von Kriegsgründen sind die USA geradezu Weltmeister: Irak-Krieg (Tötung von Babys im Brutkasten 1991 und Chemiewaffen 2003), der »Zwischenfall« in der Tonkin-Bucht in Vietnam etc. Höchstwahrscheinlich gehört auch das Ereignis von 9/11 im Jahr 2001 in diese Kategorie. Eine der augenscheinlichsten Parallelen ist in diesem Fall jedoch der Angriff der US-Amerikaner 1998 auf die pharmazeutische Fabrik in Khartum, Hauptstadt des Sudan. Diese wurde vor fast genau 20 Jahren mit »Tomahawk«-Marschflugkörpern komplett zerstört. Es war, wie die Taz am 11. Mai 1999 titelte, ein »Bombenfehler im Sudan«. In dem Artikel heißt es u. a.: (…) »Als die Rechtfertigung für den Raketenangriff in Zweifel gezogen wurde, präsentierte die CIA Beweismittel: Bodenproben nahe der Fabrik sollten Empta und Empa enthalten haben, Zwischen- bzw. Abfallprodukte, die bei der Herstellung von VX-Nervengas anfallen. Als sich herausstellte, dass die Al-Schifa-Fabrik nicht dem sudanesischen Staat, sondern dem Privatmann Salah Idris gehörte, warf die US-Regierung diesem Verbindungen zu bin Laden vor. Sie fror das 24-Millionen-Dollar-Guthaben des Fabrikbesitzers bei der American Bank in London ein (…). Der Geschäftsmann klagte gegen die Blockierung seines Vermögens. Eine renommierte Washingtoner Anwaltsfirma beauftragte darüber hinaus den Dekan des Fachbereichs Chemie an der Universität von Boston, Thomas D. Tullius, mit der Analyse von Bodenproben. Die Ergebnisse wurden Anfang dieses Jahres vorgelegt, sie waren negativ. Weder Empta noch Empa ließen sich finden.«
Tja, dumm gelaufen, würde man sagen, wenn die Zerstörung nicht auch katastrophale Auswirkungen auf die Gesundheit der sudanesischen Bevölkerung gehabt hätte: Rund 60 Prozent der im Land günstig für die verarmte Bevölkerung hergestellten Malariamittel konnten nun nicht mehr hergestellt werden – und können es wohl bis heute nicht. Wer nun denkt, die Yankees hätten sich dafür wenigstens entschuldigt oder gar Reparationszahlungen geleistet, der glaubt auch an den Weihnachtsmann. Und wenn heute im Jemen unter der Blockade und den gezielten Angriffen dieser mittelalterlichen Saudis auf öffentliche Einrichtungen wie Schulen, Krankenhäuser (etwa ein Drittel aller Angriffe werden auf zivile Ziele geflogen; Angaben von Amnesty International, 15.4.2018) etc. Zehntausende Jemeniten elendig verrecken, naja, dann sind das eben Kollateralschäden. Meldungen in den Mainstreammedien? Meist Fehlanzeige, es sei denn, das Sterben erreicht biblische Ausmaße. Statt dessen werden diese widerlichen Hofschranzen der Saudis (und die anderer reaktionärer Regime) auch noch von den westlichen Politikern umgarnt, als »Stabilitätsanker« belobigt, und ihnen werden Waffen aller Art tonnenweise in den Allerwertesten geschoben. Was für eine verlogene ...welt.
Ulrich Becker
Veröffentlicht in der jungen Welt am 17.04.2018.
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