Leserbrief zum Artikel Konkurrenzsituation: Shitstorm nach Kritik an Tafel
vom 03.03.2018:
Arme gegen Arme
Der wahre Skandal ist die Existenz von Armenspeisungen über Tafeln. Es ist aber kein geringerer bedrückender Skandal, wenn Armentafeln zu alledem noch genüsslich be- und genutzt werden, um Arme gegen Arme, Bedürftige gegen Bedürftige aufzuhetzen. Hass und Hetze unter und zwischen den Ärmsten bilden in diesem Lande inzwischen einen wesentlichen Stabilitätsfaktor für die Herrschenden. Die Verknüpfung von Armentafeln mit Fremdenhass, die fast wohlwollende Duldung durch Regierende und Politik zeigen diese »Wertegesellschaft« in ihrer ganzen brutalen Nacktheit. Alles und jeder ist willkommen, der bewusst oder aus naiver Dummheit auf diesen Instrumenten mitspielt, damit dazu beiträgt, dass die wirklichen und großen Schuldigen im Nebel bleiben. Die herrschenden Medien unterdrücken jede und alle Fragen, Erkenntnis, Wahrheiten, Zusammenhänge, die an sich jedem denkenden Menschen leicht begreifbar machen können, wo Ursachen, Schuldige und Profiteure des Elends, der Armut und des Rassenhasses zu suchen sind. Die »besorgten Bürger« werden in tiefer Heuchelei vorgezeigt und ebenso benutzt. »Besorgte Bürger« sind nur und immer dort gern gefragt (…), wo Sorgen und Ängste nicht thematisiert werden, die eindeutig Regierende als Schuldige ausmachen. Insofern gibt es kein Ausländer- oder Fremdenproblem, kein Flüchtlings- oder Asylproblem. (…). Es muss schon mit der politischen Bildung, mit Information und Aufklärung zu tun haben, wenn Bürger sich nichts denken, wenn Bürgern kein Licht aufgeht, wenn (…) Soldaten in Kriegsgebiete entsandt werden, wo Flüchtlinge geschaffen werden. Es rührt offenbar wenige, wenn der Nachzug von Familienangehörigen und Kindern weiter untersagt bleibt, aber viele Tränen fließen, wenn Kinder in Syrien oder anderswo sterben.
Veröffentlicht in der jungen Welt am 10.03.2018.