Leserbrief zum Artikel Südafrika: Zeit für Gerechtigkeit
vom 09.03.2018:
Landfrage und Wahlkampf
Die Landfrage ist zweifelsohne die große ungelöste Aufgabe des demokratischen Südafrika, seitdem die Befreiungsbewegung 1994 den historischen Kompromiss mit dem südafrikanischen und internationalen Großkapital eingegangen ist. Aber auch unter diesem Aspekt sollte man die aktuelle Landreformdebatte betrachten: Das Kabinett des Staatschefs Matamela Ramaphosa ist eine Übergangsregierung. In Südafrika finden im (südlichen) Herbst 2019 Parlamentswahlen statt. Nach den Verlusten der Regierungspartei bei den letzten Kommunalwahlen in den großen Metropolen versucht der ANC verlorenes Terrain wiedergutzumachen. Die Economic Freedom Fighters (EFF) ihrerseits setzen freilich alles daran, ihren sechsprozentigen Achtungserfolg bei den letzten Parlamentswahlen vor fünf Jahren zu vergrößern. Beide Parteien, ANC und EFF, saugen dabei aus dem selben Wählerpotential. Wobei die EFF, ein Spross vom gleichen ANC-Stamm, voll auf die Jugend des Landes setzt. Der Führer der hier als »links« bezeichneten Oppositionspartei, Julius Malema, bedient gern je nach Zuhörerschaft nationalistische bis fremdenfeindliche Stimmungen, was er dann oftmals in ruhigeren Interviews wieder relativiert. Malema ist ein begnadeter Demagoge und Populist. Man kann nur hoffen, dass die Verfassungskommission des Kapstädter Parlaments die oftmals religiös anmutende Stimmungsmache um die Landfrage in realistische, alternative Bahnen lenkt, die am Ende zu einer echten Verringerung der horrenden Armut in diesem Land führen.