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Leserbriefe

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Leserbrief zum Artikel Koreakonflikt: In Zeiten des Vorkriegs vom 07.03.2018:

Klare Haltung beweisen

(…) Ich kann noch verstehen, dass bei einer Veröffentlichung zumindest im Untertitel der potentielle Leser auch in etwas reißerischer Form angelockt werden soll. Aber dann, meine ich, sollte man sich davon als erstes wieder abgrenzen. »Die Region« an sich ist gar nicht »gefährlich«.
Klar liegt in der »Wahl« unterschiedlicher Gesellschaftssysteme in zwei Teilen eines Landes, das sich unverändert als eine Nation versteht, ein bestimmtes Konfliktpotential, um nicht zu sagen »Bürgerkriegspotential«.
Dazu kam aber schon immer – seit 1949 – die Brückenkopffunktion Südkoreas gegen die Volksrepublik – zusammen mit Taiwan, der abgepaltenen Inselprovinz Chinas, sowie Südvietnam bis 1975, Thailand und den Philippinen bis heute. Brisant wird der »Fall Nordkorea« erst durch den allseitigen Aufstieg Chinas, nachdem es (unter Nixon etc.) nicht gelungen ist, dieses Land dauerhaft gegen die UdSSR in Stellung zu bringen, in ihm aber dann auch der Versuch einer »farbigen Revolution« – heute könnte man sagen: eines »Maidan« – im Juni 1989 auf dem Tienanmen komplett gescheitert ist, es dann nicht gelang, mit Jelzins Russland gegen China vorzugehen, und es nun seit längerem zu einer Annäherung des oligarchokapitalistischen Russlands an China kommt.
Mit beiden Mächten zusammen kann Washington es nicht aufnehmen. (…) Die USA müssen aber, um ihrer Weltgendarmenrolle gerecht zu werden, wenigstens versuchen, kleinere Länder in deren Umfeld einzuschüchtern und niederzuwerfen – und zwar gerade dann, wenn sie unter westlichem Druck auf Kernwaffen und Trägerraketen verzichten!
(Ist übrigens der »Sprung an den Hindukusch« 2001 anders zu erklären – an die Nahtstelle der beiden Mächte mit Iran und der dritten aufstrebenden großen Nation, Indien? Klar, die Mullahs waren in dieser Hinsicht nie eine Gefahr!)
Russische und chinesische Erklärungen zu einem solchen Verzicht auf Kernwaffen und Raketensysteme sind m. E. im nordkoreanischen wie im iranischen Fall »zum Fenster hinaus gesprochen«, denn weder verzichten sie ja selbst auf diese Waffensysteme, noch glauben sie daran, dass die drei Westmächte oder Israel darauf verzichten werden.
Die eigene Haltung hierzu wird nicht deutlich!
Es wird doch weltweit immer klarer, dass die NATO bzw. jene US-geführte »Allianz der Willigen« weder gegen Jugoslawien noch gegen Irak oder Libyen so unverschämt völkerrechtsbrecherisch vorgegangen wäre, hätten diese Länder Atomwaffen auf weitreichenden Raketen gehabt, mit denen sie sich, falls angegriffen, wenigstens hätten »rächen« können.
Es ist genau diese technische Überlegenheit und damit Straflosigkeit im Aggressionsfall, die die Generale und Regierungschefs der Imperialisten so ermutigt!
Daher sollte klarer erkennbar werden: (a) dass wir prinzipiell gegen solche Massenvernichtungswaffen sind, aber (b) mit der Abschaffung dieser schlimmen Waffen bei den führenden und weiteren Kernwaffenländern begonnen werden muss und dass (c) die Haltung Nordkoreas – zumindest solange es keinen Beistandspakt der DVRK mit China und Russland gibt – in der gegebenen Situation absolut verständlich, also richtig ist! (Und natürlich auch jetzt der Versuch, Seoul aus der US-Umklammerung zu lösen.)
Volker Wirth
Veröffentlicht in der jungen Welt am 08.03.2018.