Leserbrief zum Artikel Sondierungsgespräche: Schulz fabuliert Erfolg herbei
vom 13.01.2018:
»Groko« ante portas
(…) Es war Kaiser Wilhelm II., der kurz vor dem Ersten Weltkrieg verkündete: »Ich kenne keine Parteien mehr, ich kenne nur noch Deutsche.« Die SPD hatte verstanden. Als die Bündnisgrünen den Flieger nach Jamaika gebucht hatten, war es Cem Özdemir, der die Reise mit überschäumendem Patriotismus begründete: »Erst das Land, dann die Partei.« Jetzt hat die SPD noch eins draufgesetzt. In panischer Angst, wegen nicht durchgesetzter sozialer Forderungen den letzten Rest an Glaubwürdigkeit zu verlieren und aus der Kurve zu fliegen, hat sie das Projekt »Europa« auf den Schild gehoben. Was mag der ehemalige Präsident des europäischen Parlaments und derzeitige sozialdemokratische Frontmann Martin Schulz damit wohl gemeint haben? Es war doch auch sein Lissabon-Europa, das erst im zweiten Anlauf und diesmal an den nationalen Parlamenten vorbei, eingepfercht im neoliberalen Korsett, festgeschrieben hat, was Sahra Wagenknecht für die geringfügig veränderte Neuauflage der Koalition gesagt hat: »Alles wird so weitergehen: Niedriglöhne, unsichere Jobs, Altersarmut.« Hinzu kommt der sich mit jeder Presseerklärung verhärtende Konsens: Ausländer schnellstens raus. Und ja, die Militarisierung Europas, wenn möglich unter deutschem Kommando, muss forciert werden. Auf einen Nenner gebracht: Konzern-Europa first. Etwas präziser formuliert: Ziel ist es, gemeinsam mit Emmanuel Macron die Vorherrschaft von Deutschland und Frankreich auf dem Kontinent zu festigen. (…)
Und dennoch, was stirbt zuletzt? Richtig, die Hoffnung. In diesem Fall eine, die sich an eine Opposition richtet, die sich nicht einseifen lässt.
Und dennoch, was stirbt zuletzt? Richtig, die Hoffnung. In diesem Fall eine, die sich an eine Opposition richtet, die sich nicht einseifen lässt.
Veröffentlicht in der jungen Welt am 29.01.2018.