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Leserbrief zum Artikel Kambodscha: Weißer Sonntag vom 06.01.2018:

Alternativen bleiben unklar

»Vormals bestehende bürgerliche Freiheiten sind in Kambodscha in den letzten Jahren Schritt für Schritt weiter eingeschränkt worden. Ministerpräsident Hun Sen geht es primär darum, an der Macht zu bleiben«, heißt es in dem Artikel. Aber welchem Politiker geht es darum nicht oder, so herum gefragt: Was ist das speziell zu Kritisierende an dieser Haltung? Außerdem: Was ist denn der Inhalt seiner Macht? Worüber gebietet er denn? Sein »Drittweltstaat« Kambodscha spielt in der Weltpolitik, also in der Konkurrenz der Nationen, nur eine sehr untergeordnete sprich abhängige Rolle.
Weiter heißt es: »Darüber hinaus aber auch, um den Schutz eines Gefüges aus einflussreichen Mitgliedern der regierenden Kambodschanischen Volkspartei (CPP) und namhaften Wirtschaftsvertretern aus dem In- und Ausland. Dabei wäre ein Regierungswechsel nach der Parlamentswahl, die in diesem Jahr stattfinden wird, durchaus realistisch. Schon beim letzten Urnengang vor vier Jahren beklagte die CNRP, sie sei möglicherweise durch Manipulationen um ihren Wahlsieg betrogen worden. Die neu gewählten Abgeordneten der Opposition boykottierten damals monatelang die Arbeit des Parlaments. Es standen immerhin 55 Vertreter der Rettungspartei 68 Vertretern der CPP gegenüber. Eine zwischenzeitlich erfolgte formelle Aussöhnung der verfeindeten Lager war nicht von Dauer.«
Warum soll man an einem Regierungswechsel so interessiert sein? Was soll sich denn ändern, wenn die CNRP an die Macht kommt, und warum ist es überhaupt so wichtig, dass eine andere Partei, nur mit anderen machtgeilen Typen, die Macht ausübt? Ändert sich etwas am Leben der Leute in Kambodscha? Sicher, aber was genau und für wen? Es wird eine andere Elite die gleiche kapitalistische Macht exekutieren und sich dem Imperialismus seitens der USA, aber auch Chinas anbequemen müssen.
»Gegründet worden war die CNRP von dem seit Jahren wegen Verfolgung im französischen Exil lebenden ehemaligen Finanzminister Sam Rainsy und von Kem Sokha. Die Partei ist zwar weit davon entfernt, eine auch nur ansatzweise linke Alternative zur früher sozialistischen, längst aber nur noch neoliberal-korrupten CPP darzustellen. Zuletzt war die Rettungspartei aber die einzige Kraft, die Hun Sen und seinen Getreuen halbwegs auf Augenhöhe Paroli bieten konnte.«
Was soll man sich unter »Paroli bieten« vorstellen? Und warum ist das überhaupt interessant? Was ist denn so anders und weniger »neoliberal-korrupt«? Sorry, aber der Verfasser lässt einen darüber im Unklaren, dass ich denke, er hat eine seltsame Vorstellung von den Absichten dieser Oppositionspartei. Er redet über die Inhalte ziemlich hinweg. Ich habe schon in einem anderen Leserbrief mal meine Meinung zu dem Machtkampf, der da stattfindet, geäußert und resümiert, dass die nationalistisch-revanchistische, früher demonstrativ antivietnamesische Einstellung der CNRP erst mal realistisch offengelegt werden sollte, bevor man sich daranmacht, sie als eine auch nur irgendwie interessante Opposition zu stilisieren. Nach dem Motto: Hauptsache Opposition in einer Diktatur.
Ferner heißt es in dem Artikel: »Nach ihrem Verbot haben die führenden vormaligen Oppositionsvertreter, von denen mehr als 100 vom Obersten Gerichtshof auf fünf Jahre für politische Betätigung gesperrt wurden, nun noch stärker den Schulterschluss mit regierungskritischen Stimmen aus der Zivilgesellschaft gesucht. Allerdings fehlt dem oppositionellen Lager ohne seine beiden kaltgestellten bisherigen Leitfiguren eine verbindende Kraft.«
Warum soll es überhaupt eine solche geben? Wenn die Inhalte der Opposition so verschieden sind, dann wäre doch zu fragen, worin sie sich untereinander und auch von der CPP Hun Sens unterscheiden. Ganz abgesehen davon, was die Kambodschaner überhaupt von so einer Opposition halten und ob sie sie überhaupt kennen. (…)
Dr. Michael Krüger

Kommentar jW:

Der frühere Leserbrief findet sich unter der Adresse:
https://www.jungewelt.de/aktuell/rubrik/leserbriefe.php?letterId=38152

Veröffentlicht in der jungen Welt am 11.01.2018.