Leserbrief zum Artikel Ehrung: Gegen das Eiapopeia
vom 24.11.2017:
Stalinistischer Antisemitismus
Ich habe mich sehr gefreut, den Artikel über Jürgen Kuczynski von Georg Fülberth (…) zu lesen. Er war informativ, fair und hat den Mann und Akademiker Kuczynski gut geschildert. Ich würde aber gerne Jürgens Entfernung aus seinem Amt als Präsident der Gesellschaft zum Studium der Kultur der Sowjetunion (später bekannter als Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische Freundschaft) im Jahre 1950 kommentieren. Fülberth sagt: »Als Grund hierfür hätte man vermuten können, dass er sogenannter Westemigrant war.« Die Forschung des englischen Historikers Matthew Stibbe im SED-Archiv hat gezeigt, dass seine Entfernung ein Resultat sowjetischen Drucks war – mehr wegen seiner jüdischen Herkunft als wegen seiner Emigration nach England. Dies war Teil der stalinistischen Antisemitismuswelle der Zeit. Ich zitiere diese Forschung in meinem Buch über die Kuczynski-Familie, »A Political Family. The Kuczynskis, Fascism, Espionage, and the Cold War«, das in diesem Jahr erschienen ist.
Veröffentlicht in der jungen Welt am 29.11.2017.