Leserbrief zum Artikel SED-SPD-Papier: Um des Friedens willen
vom 26.08.2017:
Katastrophale Fehleinschätzung
Mit Interesse habe ich die Darlegungen von Egon Krenz zum gemeinsamen Papier von SPD und SED gelesen, das auch innerhalb der DKP und bei anderen Linken aufmerksam verfolgt worden war. Die Bemühungen der DDR-Regierung und der SED hatten das Ziel, die Beziehungen zwischen der DDR und der BRD, zwischen der SED und der SPD auf eine von gegenseitigem Respekt getragene Grundlage zu stellen, und sollten mit dazu beitragen, Möglichkeiten der friedlichen Koexistenz zwischen Staaten mit unterschiedlichen ideologischen Systemen zu schaffen, ein kompliziertes und, wie wir erleben mussten, vergebliches Bemühen. Was aber überrascht hat, war, dass der Imperialismus als »friedensfähiges System« gewürdigt wurde. Das hat nicht nur in der DKP, sondern auch bei anderen linken Zeitgenossen Irritationen ausgelöst. Davon war aber im Rückblick von Egon Krenz nichts zu lesen. Es braucht ja nicht betont zu werden, dass der »friedensfähige Imperialismus« gemeinsam mit der SPD die Mauer, die DDR und alle damaligen europäischen sozialistischen Staaten gestürzt hat. Katastrophale weltweite militärische Aggressionen, Zerstörungen, Not und Elend in ungeheurem Ausmaß waren die Folge. Diese bitteren Erfahrungen (auch mit der SPD-Führung) sollten alle Linken vor der Illusion schützen, Anstrengungen in Richtung Regierungsbeteiligungen würden in irgendeinem gesellschaftlichen Bereich zu fortschrittlichen Entwicklungen führen. Die Praxis z. B. in Berlin und Thüringen zeigt das nachdrücklich. Man kann nur hoffen, dass der linke Flügel der Partei Die Linke widerstandsfähig gegenüber scheinbaren Verlockungen von Macht und Pöstchen bleibt. Wir brauchen eine stärkere außerparlamentarische Bewegung, in der Kommunisten und Sozialisten gemeinsam mit anderen demokratischen Kräften gegen Krieg und Faschismus wirken.